piwik no script img

Angst im Norden

Bombardier-Belegschaft protestiert gegen Entlassungen. Betriebsrat sieht ersten Schritt zur kompletten Schließung

Der Betriebsrat des von massivem Stellenabbau bedrohten Bombardier-Werkes in Hennigsdorf hat das Management zum Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen aufgefordert. Stattdessen könnten aus überlasteten Werken des kanadischen Konzerns in Deutschland Aufträge nach Hennigsdorf verlagert werden, erklärte der Betriebsratsvorsitzende Michael Wobst gestern auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung. Etwa 1.500 Beschäftigte der Früh- und Normalschicht protestierten gegen die Entlassungspläne.

Bombardier hatte zu Wochenbeginn angekündigt, wegen Kapazitätsanpassungen 440 Stellen in seinem Bahntechnikwerk in Hennigsdorf abzubauen. Nach Rechnung von Betriebsrat und IG Metall sollen sogar bis zu 600 Arbeitsplätze wegfallen. Statt wie geplant 240 Mitarbeitern Arbeit an anderen deutschen Bombardier-Standorten anzubieten und 200 zu entlassen, könnten Werk und Beschäftigte durch Produktionsverlagerungen und flexible Arbeitszeitmodelle über die Durststrecke der kommenden zwei bis drei Jahre gerettet werden, sagte Wobst.

Der Betriebsrat fürchtet, dass der angekündigte Stellenabbau ein erster Schritt zur kompletten Schließung des Werkes ist. Die Arbeitnehmervertretung forderte deshalb von Bombardier eine Standortgarantie für Hennigsdorf. Die Beschäftigten protestierten mit einem Demonstrationszug vor dem Werksgelände gegen die Pläne der Geschäftsführung.

In dem Betrieb am nordöstlichen Rand Berlins produziert Bombardier Regional- und ICE-Züge, S-Bahnen, Straßenbahnen und U-Bahnen. Das Werk gehörte früher zum ehemaligen Konkurrenten Adtranz, den Bombardier vor zwei Jahren übernommen hatte. Im vergangenen Mai hatte die Deutsche Bahn mehrere Aufträge für Nahverkehrszüge storniert, was den Standort Hennigsdorf besonders stark traf. AP

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen