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Computerkurs

Das Ziel, die Springer-Presse zu entlarven, ist aufgegeben. Die linke Medienkritik wird lieber selbst zum Medium

BERLIN taz ■ Man kennt das: eine Großdemonstration. Die Medien berichten. Was beim Zuschauer oder Leser ankommt, sind zumeist die Ausschreitungen am Rande. Sie liefern die Bilder, die spannende Geschichte. „Reclaim the Media“ lautet dementsprechend das Motto des internationalen „Media Democracy Day“ – „Erobert die Medien zurück“!

Schon seit Monaten rufen globalisierungskritische Gruppen aus dem Umfeld des Netzwerks Peoples Global Action dazu im Internet auf. Es sind Aktionen in Indonesien geplant, auf den Philippinen, in vielen europäischen Ländern und in Kanada und den USA, der Wiege des Aktionstags.

Weil linker Protest von den etablierten Medien entweder ignoriert oder völlig verzerrt und einseitig dargestellt wurde, arbeitete sich linke Medienkritik in erster Linie an ebendiesen Mainstream-Medien ab. Früher. Mittlerweile ist sie dazu übergegangen, diese weitgehend zu ignorieren oder selber zu konsumieren. Nirgends zeigt sich das besser als an Bild. Gehörte es noch bis Ende der 80er-Jahre zum linken Minimalkonsens, das Flaggschiff des Springer-Konzerns aktiv zu boykottieren, wird Bild mittlerweile selbst in linken Wohngemeinschaften nicht mehr als Provokation angesehen. Wer noch immer gegen die Springer-Presse wettert, gilt als hoffnungslos altmodisch.

In Berlin wird immerhin im Rahmen des Medientags an die Zeit erinnert, als es noch um die Entlarvung von Bild, Welt und ZDF ging. Denn zufällig wurde der Media-Day auf den 18. Oktober gelegt. Heute vor 25 Jahren wurden die RAF-Mitglieder Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Andreas Baader tot und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim aufgefunden. Dieser Termin war seitdem zumindest für Linke in der BRD jahrelang ein Inbegriff für den Höhepunkt des „deutschen Herbstes“, für Pressezensur und freiwillige Gleichschaltung der Massenmedien.

Damals begann in der linken Szene eine Debatte über die Gründung einer eigenen Zeitung – woraus die taz entstand. Und auch der Kritiker von heute gründet sein eigenes Medium. So entstanden in den letzten zwei Jahren in über 60 Ländern Filialen des Netzwerkes Indymedia. Auch beim Media-Day stehen Workshops und Veranstaltungen zu Gründung und Betrieb freier Radios, zur Arbeit im Internet sowie zum Umgang mit Webcam und Videokamera im Mittelpunkt. Die Auseinandersetzung mit den Massenmedien beschränkt sich auf ein allgemeines Lamento über die Allmacht von AOL und anderen.

Sehr zum Unmut einiger linker KritikerInnen. Sie warnen davor, dem Mythos der Informationsgesellschaft aufzusitzen, und befürchten eine Reduzierung der Debatte auf die technischen Möglichkeiten, bei der die politische Dimension weitgehend ausgeblendet wird.

Das war bei der Anti-Bild-Kampagne noch anders: Da hat die Auseinandersetzung mit der Rolle des Springer-Konzerns ganzen Generationen von Linken auch tiefe Einblicke in die Verfasstheit des Staates gegeben. Der moderne Medienaktivismus gibt vor allem Einblick in die Computertechnik. PETER NOWAK

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