Die Schweiz in der Nachkriegszeit

1940 verbot die Schweizer Regierung, der Bundesrat, die Kommunistische Partei der Schweiz. 1944 konstituierten sich die Kommunisten der Schweiz unter dem Namen Partei der Arbeit neu, obwohl das Parteiverbot zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgehoben war.

Die Partei hatte in ihrer Anfangsphase enormen Zulauf: 1945 zählte sie zwanzigtausend Mitglieder, nach den Wahlen von 1947 erhielt sie sieben Sitze in der großen Kammer des Parlaments, dem Nationalrat. Dieser Erfolg ließ es der Regierung nicht ratsam erscheinen, die neu gegründete Partei zu verbieten.

Stattdessen wurden die kommunistische Partei und ihre Sympathisanten von der politischen Polizei der Schweiz, der Bundespolizei, flächendeckend überwacht. 1950 verabschiedete das Parlament einen Staatsschutzartikel, der mit Strafe bedrohte, wer die verfassungsmäßige Ordnung zu stören oder zu ändern beabsichtigte. Extremistische Bundesbedienstete wurden aus der öffentlichen Verwaltung entfernt. Unter diesem ideologischen und wirtschaftlichen Druck verlor die kommunistische Partei rasch an Mitgliedern: 1953 waren es nur noch sechstausend.

Obwohl die Schweizer Regierung die Neutralität des Landes wie eine Monstranz vor sich her trug, behandelte sie West und Ost ungleich: Die Bundesrepublik Deutschland wurde bereits 1951 als eigenständiger Staat anerkannt, mit der DDR hingegen nahm die Schweiz erst 1972 diplomatische Beziehungen auf – einen Tag vor der Unterzeichnung des Grundlagenvertrags zwischen BRD und DDR. Zuvor hatte die Bundesrepublik im Zuge der so genannten Hallsteindoktrin Ländern, die die DDR anerkennen wollten, mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht.

Die Schweiz sträubte sich aber auch aus wirtschaftlichen Überlegungen lange, die DDR anzuerkennen. Denn die Regierung in Ostberlin weigerte sich, enteignete Schweizer zu entschädigen.

Um 1900 waren viele Schweizer in die ostelbischen Gebiete ausgewandert und hatten dort landwirtschaftliche Güter erworben. 1945 befanden sich zwanzigtausend Schweizer auf ostdeutschem Gebiet. Ihre Zahl nahm aber schnell ab, von 4.500 im Jahr 1947 auf nur noch zweitausend 1966.

Im Fichenskandal von 1989 geriet die flächendecke Überwachungstätigkeit der Bundespolizei ans Tageslicht: Über 870.000 Personen legte sie in der Nachkriegszeit Akten an – bei einer Bevölkerung von 6,5 Millionen. Die Reise hinter den Eisernen Vorhang, das Engagement in der Anti-AKW-Bewegung oder die Mitgliedschaft in einer Friedensorganisation reichten aus, um das Misstrauen der ohne Kontrolle agierenden Staatsschützer zu erregen. Ähnlich wie die Stasiopfer nach der Wende konnten die Überwachten in den Neunzigerjahren Einsicht in ihre Dossiers nehmen. PHILIPP MÄDER