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Heißer Herbst

An der Freien Universität droht Studenten, die die Regelstudienzeit überschreiten, die Exmatrikulation

Ab dem kommenden Wintersemester wird es für viele Studenten der FU eng. Denn Politik und Alma Mater haben die juristischen Voraussetzungen geschaffen, Studierende zu zwangsexmatrikulieren, wenn sie gewisse Studienleistungen nicht binnen Frist erbringen. Schon bisher gab es für Studenten, die nach Meinung der Universität zu lange studierten, die Beratungspflicht. Ein Gespräch hatte jedoch keine Konsequenzen. Dies wird sich jetzt ändern.

Nach der neuen Regelung müssen alle Studierenden, die bei der Rückmeldung zum 7. Fachsemester noch keine Zwischenprüfung erfolgreich abgelegt haben, an einer Beratung teilnehmen. Dies wiederholt sich bei der Rückmeldung zum 9. Semester, wenn immer noch keine Zwischenprüfung erfolgreich absolviert wurde. Studierende, die die Regelstudienzeit um zwei Semester überschritten und sich noch nicht zum Examen angemeldet haben, werden ebenfalls zu einer Beratung „eingeladen“. Normalerweise findet dieses Gespräch statt, wenn sich die Studierenden zum 12. Fachsemester zurückmelden.

Auflagen bei Zwangsberatung

Liegen zu diesem Gespräch keine Studienleistungen aus den letzten beiden Semestern vor, bekommen die Studierenden Auflagen erteilt, deren Nichterfüllung die Exmatrikulation nach sich ziehen kann. Entsprechendes gilt für Studierende, die die Regelstudienzeit bei der Rückmeldung um vier Semester überschritten und sich trotz der Teilnahme an einer Prüfungsberatung noch nicht zur Abschlussprüfung angemeldet haben.

Der Anteil der FU-Studierenden, die die Regelstudienzeit um mehr als zwei Jahre überschritten haben, liegt bei etwa 18,5 Prozent, in manchen Fächern sogar bei über 30 Prozent. Es sind rund 7.000 StudentInnen von insgesamt 42.000, die die Regelstudienzeit um mindestens vier Semester überschritten haben.

Belastung für Professoren

Die Freie Universität verteidigt ihr Vorgehen mit dem Hinweis auf die Hochschulverträge, die Belohnungen bei Einhaltung und Bestrafungen bei der Überschreitung der Regelstudienzeit vorsehen. Es geht angeblich um die Summe von rund 6 Millionen Euro. Bündnis 90/Die Grünen halten dagegen: „Die vorhandenen Beratungsmöglichkeiten wurden nicht ausreichend genutzt, weil die Professoren diese Arbeit als Belastung empfanden und nicht ernst nahmen“, so Lisa Paus, hochschulpolitische Sprecherin der Berliner Grünen. Zwangsexmatrikulationen seien „volkswirtschaftlich unsinnig“, weil so gescheiterte Bildungsbiografien en masse produziert würden. Sie hält die Regelung für „möglicherweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“.

Der Asta kritisiert, dass nicht leere Kassen, sondern der Wunsch nach einer verstärkten Selektion die wahren Gründ seien. Die ökonomische Verwertbarkeit qualifizierter Arbeit sei in der Politik mittlerweile das einzige Handlungskriterium, kritisiert der Asta und kündigt im Internet einen „heißen Herbst“ an. RICHARD ROMAN

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