: Parallele Strukturen
Laut einer DAAD-Studie bieten zwar immer mehr deutsche Universitäten Bachelor- und Masterstudiengänge an, ein „radikaler Systemwechsel“ hat jedoch nicht stattgefunden
Studierende haben immer öfter die Möglichkeit, zwischen den deutschen Studienabschlüssen wie Diplom, Staatsexamen und Magister und den international gängigen Examina Bachelor und Master zu wählen. Mittlerweile können deutschlandweit weit über 1.000 Studiengänge – das entspricht einem Anteil von über 10 Prozent – mit einem Bachelor oder Master beendet werden. Dies sind Ergebnisse, die der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) in einer ersten umfassenden Studie zur Einführung von Bachelor- und Masterprogrammen an deutschen Hochschulen gewonnen hat.
Das Hauptfazit der Studie lautet, dass sich die Einführung der neuen Studienabschlüsse „trotz einer dynamischen Entwicklung noch in der Pionierphase befindet“. Denn mit den internationalen Examina würden „bislang nur eine Minderheit der Studierenden erreicht“. Die Universitäten würden zumeist parallele Strukturen anbieten, also sowohl deutsche wie internationale Abschlüsse. Nur eine Minderheit von Hochschulen habe bisher die herkömmlichen Studiengänge komplett durch die neuen ersetzt. „Klare Mehrheiten für einen radikalen Systemwechsel sind noch nicht erkennbar“, heißt es in der DAAD-Studie.
Als Hauptschubkraft für die Einführung der neuer Grade erweise sich der Wunsch nach einer höheren Internationalisierung. Darunter verstehen die Autoren der Studie eine bessere Kompatibilität mit internationalen Standards, die Erhöhung studentischer Mobilität, die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie eine höhere Attraktivität für ausländische Studierende. Die neuen Abschlüsse würden von den Hochschulen dagegen kaum benutzt, um eine – ebenfalls sinnvolle – Studienreform voranzutreiben.
Die Zukunft der Bachelor- und Masterstudiengänge hängt nach Meinung der DAAD-Autoren von mehreren Faktoren abhängt: vom Verhalten der Arbeitgeber, wobei der Staat eine führende Rolle spielt, vom Verhalten der Studierenden sowie von wettbewerblichen Anreizen im deutschen Hochschulsystem.
Dass ein radikaler Bruch in den Studiengängen bisher ausgeblieben ist, liegt nach dem Urteil der Studie daran, dass die Verantwortung für die Einführung der neuen Abschlüsse bei den Hochschulen und Fachbereichen liege.
Hier könnte Deustchland vom Ausland lernen, von den Niederlanden etwa, wo zentrale Stellen die Reform schon seit längerem steuern und umsetzen, um sie im nächsten Jahr abzuschließen.
TILMAN VON ROHDEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen