„Gutes Design allein nützt nichts“

Die 23-jährige FHTW-Modestudentin Anne Wolf wurde zur diesjährigen Newcomerin des „Walk of Fashion“ gekürt. Eine Zukunft als Designerin kann sie sich dennoch nicht vorstellen. Der Schritt in die Selbstständigkeit sei zu aufwändig

„Eigeninitiative ist notwendig“, sagt Anne Wolf. „Es ist doch selbstverständlich, dass man sich präsentieren muss.“ Das klingt selbstbewusst und zielstrebig, und nicht zuletzt diese Eigenschaften haben der 23-jährigen Modestudentin zur Teilnahme als „Newcomerin des Jahres“ beim diesjährigen Walk of Fashion verholfen.

Auf dieser Show präsentieren sich Berliner Designer ihre Kollektionen unter freiem Himmel, auf den Straßen von Mitte. „Für die Rubrik ‚Newcomer‘ fragen wir bei Berliner Modeschulen an, ob jemand mitmachen kann und will“, erklärt Kerstin Kaestner, die zusammen mit dem Friseur Civan Ucar die Modeschau organisiert. „Aber Anne hat einfach von sich aus angerufen und sich beworben. Das hat uns schon beeindruckt.“

Überzeugt haben neben der Person Anne Wolf dann auch deren Kreationen: Die Studentin der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft kombiniert Filzstoff, Jersey und Jeans zu Röcken, Oberteilen und Mänteln. Den Filzstoff stellt sie selbst her – „in der Badewanne“ – und färbt ihn ein. „Das ist sehr mühsam“, gibt sie zu. Für ihren bodenlangen weißen Mantel mit pinkfarbenen Flammeneinsätzen hat sie drei Tage lang allein am Stoff gearbeitet.

Stolz erzählt sie, dass auf der Modeschau eines ihrer Kleider mit einem gewagten Rückenausschnitt bis zum Poansatz ein Blitzlichtgewitter hervorgerufen habe. Eine gute Erfahrung war es, ihre Kreationen in professionellem Rahmen und publikumswirksam präsentieren zu dürfen – und vor allem kostenlos. Denn „Newcomer“ müssen für die Teilnahme am Walk of Fashion nichts zahlen. Eine Modenschau dieser Größenordnung selbst zu organisieren kostet Designer schon mal 5.000 Euro. Wer könnte sich das als Student wohl leisten?

Ein Erfolg also und gar kein kleiner. Trotzdem ist Anne Wolf auf dem Boden geblieben. Eine Zukunft als Modedesignerin kann sie, die nach ihrem Abitur sieben Monate bei einer Designerin in Paris arbeitete, sich kaum vorstellen. Zu viel Aufwand, zu gewagt der Sprung in die Selbstständigkeit mit einem eigenen Label. Viel mehr interessiert sie die Vermarktung von Mode. „Gutes Design allein nützt nichts. Du brauchst auch noch jemand, der es zum Funktionieren bringt“ sagt sie.

Jetzt, nach der Show, geht es darum, die geknüpften Kontakte zu halten, Netzwerke aufzubauen. Das funktioniert bereits ganz gut: Mit Kerstin Kaestner wird Wolf weiter zusammenarbeiten; und ihre Mode kann man ab November im Salon „Coiffeur CIVAN“ in den Heckmann-Höfen bewundern – und kaufen. US

www.walk-of-fashion.de