Am Rande der Katastrophe

Manager Horst Bredemeiers Probleme beim Handballklub GWD Minden wachsen stetig

MINDEN taz ■ Als sie 1982 in der Dortmunder Westfalenhalle mit der Nationalmannschaft der UdSSR gegen Jugoslawien Handball-Weltmeister wurden, hatten sie beide mehr Spaß. Vor allem hätten sich Aleksandr Rymanow und Juri Schewzow damals vermutlich kaum vorstellen können, 20 Jahre später als Bundesligatrainer in der Mindener Kampa-Halle das Spiel ihrer Mannschaften kommentieren zu müssen. Ist diese Tatsache als solche noch nicht stimmungstrübend, so war es der Samstagabend nach der Partie GWD Minden gegen TuSEM Essen sehr wohl.

Wobei zumindest Juri Schewzow Grund zur Freude gehabt hätte, da sein TuSEM, jetzt auf Platz vier der Tabelle, ein ansehnliches Spiel gezeigt und mit 31:27 sein Soll erfüllt hatte. Fröhlich sah Schewzow dennoch nicht aus, als er das Spielgeschehen auf den Punkt brachte: „Es ist nicht einfach, in Minden zu gewinnen, weil hier die jungen Spieler um ihre Plätze kämpfen und immer alles geben. Deshalb bin ich sehr froh über den Sieg, auch wenn wir nicht ganz das gespielt haben, was ich mir vorgestellt habe.“ Deutlich mehr mit seiner Mimik korrespondierten seine letzten Sätze: „Es tut mir sehr Leid, was heute passiert ist. Ich wünsche meinem Kollegen alles Gute.“

Den angesprochenen Rymanow konnte das nicht trösten. Die Niederlage lässt Minden auf den vorletzten Tabellenplatz abrutschen, der Kreuzbandriss des Nationalspielers Frank von Behren die Hoffnung auf Besserung weiter sinken. Da der Klub mit Christian Prokop, Denis Maksimowitsch und Mike Beszdicek bereits drei Langzeitverletzte zu beklagen hat, ist es kaum übertrieben, wenn Trainer Rymanow sagt: „Die Verletzung von Frank grenzt an eine Katastrophe.“

Manager Horst Bredemeier wird jetzt versuchen müssen, die nahende Katastrophe abzuwenden. Und wenn es einer schaffen kann, dann der Handballtausendsassa, der nach der Wende Trainer der gesamtdeutschen Nationalmannschaft war und seit 1997 bei GWD Minden, früher Grün-Weiß-Dankersen, den Managerposten innehat. Seit nunmehr fünf Jahren gelingt es dem eloquenten 50-Jährigen, der darüber hinaus seit 1995 als Ko-Kommentator bei Welt- und Europameisterschaften die Handballübertragungen des DSF bereichert, den auf eine lange Tradition zurückblickenden Club in Zeiten des modernen Sportbusiness am Leben zu erhalten. Kein leichtes Unterfangen. Bredemeier ist es mit Hilfe der beiden Hauptsponsoren Melitta und Porta Möbel gelungen, zirka die Hälfte des von den Vorgängern hinterlassenen Schuldenbergs von 1,65 Millionen Euro abzubauen. Auch für die nächsten Jahre ist eine Altlastentilgung in Höhe von 100.000 Euro pro Saison fester Bestandteil der Kalkulationen. Doch trotz der insgesamt 70 Sponsoren und 160 so genannten Poolmitglieder kommt Minden in einer mit Wirtschaftspotenz nicht eben gesegneten Region über einen Saisonetat von 1,9 Millionen Euro kaum hinaus. Dass sich damit im Handball heutzutage kein Blumentopf mehr gewinnen lässt, weiß der Manager natürlich auch. Doch Bredemeier, der kürzlich auf dem Bundestag des Deutschen Handball-Bundes ohne eine einzige Gegenstimme zum Vizepräsident Leistungssport gewählt wurde, wird weiter für seine Sportart kämpfen.

Das, obwohl ihm die rheinische Frohnatur in Minden zur Zeit etwas abhanden gekommen ist. Der ursprünglich anvisierte Mittelplatz ist in weite Ferne gerückt, eine kurzfristige Verstärkung des ausgedünnten Kaders kommt laut Bredemeier nicht in Frage: „Unsere wirtschaftliche Lage lässt keine weiteren Ausgaben zu.“ So klang denn auch Trainer Rymanows Ausblick am Ende etwas trotzig platitüd: „Wir müssen jetzt nach vorne schauen.“ ANKE BARNKOTHE