Irland segnet Vertrag von Nizza ab

Mit dem erfolgreichen Referendum auf der Grünen Insel steht der EU-Osterweiterung nichts mehr im Wege. Ausschlaggebend war eine um zehn Prozent höhere Wahlbeteiligung. Die Kampagnen der großen Parteien haben sich ausgezahlt

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Na also, es geht doch. Zur Erleichterung der irischen Regierung segneten die Wähler am Samstag den Vertrag von Nizza im zweiten Versuch mit nahezu Zweidrittelmehrheit ab. Beim ersten Referendum vor anderthalb Jahren hatten noch 54 Prozent gegen den Vertrag gestimmt, bei dem es unter anderem um die Osterweiterung der Europäischen Union geht. Die konservative Koalitionsregierung wurde von der Ablehnung damals völlig überrascht, da auch die großen Oppositionsparteien, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände für ein Ja eingetreten waren.

Diesmal führten die Parteien eine massive Werbekampagne, um die Nichtwähler an die Wahlurnen zu bekommen. Es gehe um Irlands Zukunft und um die Sicherung irischer Arbeitsplätze, argumentierten die Vertragsbefürworter. Dasselbe behaupteten freilich auch die Gegner, so dass viele Wähler verwirrt zu Hause blieben. Im vorigen Jahr fühlte sich nur gut ein Drittel der Wahlberechtigten informiert genug, um über den Vertrag von Nizza zu befinden. Vorgestern waren es rund 10 Prozent mehr, und das gab den Ausschlag.

Premierminister Bertie Ahern ist ein Stein vom Herzen gefallen, das war ihm deutlich anzumerken, als er das „nachdrückliche Ja zu Nizza“ begrüßte. Bei einer erneuten Ablehnung wäre seine politische Karriere wohl beendet gewesen.

Aherns Stellvertreterin Mary Harney sagte: „Ich glaube, diesmal waren die Wähler besser informiert, und das war der entscheidende Unterschied zwischen diesem und dem ersten Referendum.“ Bildungsminister Noel Dempsey freute sich über einen „großartigen Tag für die irische Politik“ und lobte die Wähler: „Die irische Wählerschaft gehört zu den aufgeklärtesten in der Welt.“

Romano Prodi, der Präsident der Europäischen Kommission, sagte gestern, das Ergebnis des Volksentscheids sei noch besser als erwartet. „Irland hat der EU-Erweiterung grünes Licht gegeben“, fügte er hinzu.

Patricia McKenna, die Europaabgeordnete der Grünen, die gegen den Nizza-Vertrag sind, sagte: „Als Demokratin akzeptiere ich das Ergebnis – anders als die Regierung, die das Resultat im vorigen Jahr nicht hinnahm.“ Der rechtsextreme Sprecher der Kampagne „No to Nice“, Justin Barrett, sagte: „Der Wille des irischen Volkes ist durch Einschüchterung und Lügen umgedreht worden, und das finde ich sehr erstaunlich. Es ist ein trauriger Tag für die Demokratie.“

Allerdings hatte er seinen Teil zu dem Ergebnis beigetragen, denn vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass er auf Veranstaltungen deutscher und italienischer Nazi-Organisationen gesprochen hatte. Er habe nicht gewusst, um welche Organisationen es sich gehandelt habe, rechtfertigte sich Barrett noch vorige Woche, doch das nahm ihm keiner ab.

kommentar SEITE 12