: Ju- und Senioren sitzen im gleichen Zug
Obwohl die Bahn dies gern behauptet: Für Senioren und Junioren wird Bahnfahren nicht grundsätzlich billiger
BERLIN taz ■ Senioren sind die Gewinner des neuen Preissystems, argumentieren dessen Erfinder. Doch sie gewinnen nur so lange, wie sie sich auch wie Senioren verhalten. Das heißt: Sie verlassen das Haus nie allein und planen den Schritt in die Welt schon Wochen vorher.
Holger Jansen, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, hält dieses Klischee für die Mehrzahl der Senioren auch für zutreffend. „Man kann dieses Verhalten schon die letzten Jahre an den Platzkartenreservierungen beobachten.“ Senioren, die sich nicht wie Senioren benehmen wollen, verlieren allerdings: Sie müssen für eine neue Bahncard genauso viel zahlen wie alle anderen, bekommen keinen Preisnachlass und zahlen beim spontanen Fahren nur um ein Viertel verbilligt. Deshalb empfiehlt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) den Kauf der alten Bahncard – und damit das Reisen für den halben Preis. Die alte Bahncard gibt es weiter in Senioren-Ausführung zum Preis von 70 Euro für die 2. oder 140 Euro für die 1. Klasse. Zum Beispiel eine Fahrt von Koblenz nach Gelsenkirchen: Ein allein reisender Rentner bezahlte bisher mit seiner Bahncard-Senior 26 Euro hin und zurück. Verreist er weiterhin allein, bezahlt er trotz neuer Bahncard und siebentägiger Vorrausbuchung 46 Cent mehr. Um billiger als bisher zu fahren, müsste er jemanden mitnehmen – obwohl er doch so gern allein reist. Denn zu zweit verreisen macht das Bahnfahren wirklich billiger – zumindest das nicht spontane, mindestens drei Tage vorher gebuchte. Für ein Renterpaar kostet die Beispielfahrt hin und zurück nur noch 49,50 Euro – 2,50 Euro weniger als derzeit.
Wer jünger als 23 oder in der Ausbildung bis 26 ist, bezahlte bisher für die alte Bahncard ebenfalls nur den halben Preis. Deshalb bedeutet das neue Preissystem auch für junge Leute Verschlechterung: Die Bahncard Junior fällt weg, das besonders gern von der Jugend genutzte Guten-Abend-Ticket wird es ab 15. Dezember nicht mehr geben. Und die Zeiten, in denen jene Altersgruppe grundsätzlich und ohne Bahncard ein um 20 Prozent ermäßigtes Twenticket bekamen, sind dann auch vorbei. Glück für den, der noch nicht volljährig ist: Wenn Mama oder Papa eine Bahncard haben, gibt’s die eigene für 5 Euro.
Wer bislang Azubi oder Student war, ist bei der Bahn plötzlich erwachsen: ohne jeglichen Jugendvergünstigungsanspruch. Der VCD empfielt jungen Leuten, sich genau zu überlegen, wie sie in Zukunft reisen: Kann ich mich einige Tage vorher auf einen Hin- und einen Rückzug festlegen? Suche ich mir über das schwarze Brett in der Uni Mitfahrer und drücke so den Preis? Oder will ich weiterhin spontan und allein fahren und kaufe mir bis zum 14. 12. noch einmal die alte Bahncard? Die gibt es noch einmal in Junior- und Senior-Ausführung für jeweils 70 Euro. SUSANNE KLINGNER
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