: Das Leben als Begleitung
Gestern ist heute: Wenn Ministerpräsidenten sich mit den Kollegen treffen, dürfen die Frauen mit. Und damit sie sich nicht langweilen, soll ihnen ein „Damenbegleit-Programm“ Plaisir bereiten
von SANDRA WILSDORF
Trägt auch Herr Simonis Hüte? Wie sieht die Frau aus, die Herr(n) Koch küsst? Und wie ist eine Frau, die Teufel heißt? Fragen über Fragen auf dem Weg zum „Damenbegleit-Programm“. „Damenbegleit-Programm“? So heißt ganz offiziell die kultivierte Beschäftigung der Damen mit Culture, Couture und Café, während die fast nur Herren Ministerpräsidenten bei ihrer Jahreskonferenz zusammentreffen und grrroße Politik machen – gestern und heute in Hamburg.
Die politische Vorhut – die Chefs der Staats- und Senatskanzleien samt Gattinnen waren schon Mittwoch gekommen, hatten in A- und B-Länder-Zirkeln diskutiert, und wir Hamburger haben sie abends in „König der Löwen“ eingeladen. War schön. Gestern kamen die Chefs geflogen und gefahren samt Gattinnen, für deren kultivierte Unterhaltung Hamburgs Senatskanzlei sich ein schönes Programm überlegt hatte: Vormittags eine Führung durch die Toulouse-Lautrec-Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe – nach launiger Begrüßung des Herrn Museumsdirektor Hornborstel persönlich – dann Wiedersehen mit den Herren und der Heide: gemeinsames Mittagessen in Alsterdampfern. Und dann haben die MPs wieder Wichtiges zu tun, für die Damen öffnet John Neumeier sein Ballettzentrum und lässt die Klassen tanzen. Dann zurück ins Hotel Steigenberger und die schwerste Frage des Tages: Was anziehen, zum Empfang im Rathaus?
Für den Vormittag haben sich die Damen für City-Look entschieden: Fast alle tragen Hosenanzüge und flache Schuhe. Ob Herr Simonis Hüte trägt – eine Frage, auf die es heute keine Antwort gibt, er ist nicht mitgekommen. Und auch Berlins First Man fühlte sich wohl vom „Damenbegleit-Programm“ nicht angesprochen. Aber die Frau des sächsischen Ministerpräsidenten – „ich spreche aber kein Sächsisch“ – die ist zum ersten Mal dabei und findet es herrlich. „Ich bin ganz glücklich“, strahlt Angelika Meeth-Milbradt. Vor 30 Jahren wäre das anders gewesen, da war sie eine „junge Intellektuelle“, die erste weibliche Assistentin ihrer Fakultät an der Universität Münster und trug „die Nase sehr hoch“. Inzwischen ist sie Statistik-Professorin, hat zwei Söhne großgezogen und kann auch als Begleitung genießen, „ich bin normal geworden“, sagt sie.
Eine echte Überraschung ist Astrid Gercke-Müller, groß und schlank, raspelkurzhaarig und im langen Ledermantel: Irgendwie will man sie sich nicht so recht an der Seite des saarländischen Peter Müller (CDU) vorstellen. Sie soll auch mal in der Jungen Union und später dann Betriebswirtin und Geographin gewesen sein – bis sie die Frau an seiner Seite wurde. Sie attestiert Hamburg einen „eigenwilligen Charme“.
Edeltraud Teufel – die mit Mann Erwin ein baden-württembergisches Kochbuch herausgebracht hat, Hessens oberste Schirmherrin Anke Koch und Dagmar Dark-Ringstorff kennen sich schon von Treffen dieser Art. „Wir verstehen uns alle ganz wunderbar“, sagt die erste Dame aus Mecklenburg-Vorpommern. Parteiübergreifend. Sie steht übrigens auch im Erstberuf auf der Bühne, schon seit über 30 Jahren. Als Pantomimin.
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