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Bremen: Windenergie-City?

Eine ausführliche Debatte in der Bürgerschaft widmet sich der Entwicklung von Offshore-Windkraft. Der Landtag fordert vom Senat ein Konzept zur Entwicklung der Branche in Bremen und Bremerhaven

Noch nicht mal die grüne Opposition hatte viel einzuwenden gegen den Antrag der großen Koalition, der gestern in der Bremischen Bürgerschaft einstimmig verabschiedet wurde. Darin wird der Senat aufgefordert, bis Ende des Jahres ein Konzept zu erarbeiten, mit dem die Windkraftbranche in Bremerhaven und Bremen entwickelt und gefördert werden kann, sowohl was Standorte für Hersteller betrifft – genannt wurde die Gewerbefläche Luneort in Bremerhaven –, als auch wissenschaftliche Zuarbeit in einem neu zu gründenden Studiengang „Maritime Technik“ an der Hochschule Bremerhaven. Alle Redner sahen im Bereich Windenergie „die Chance“ für den Zweistädtestaat, Anschluss an eine moderne Technologie zu gewinnen und wirtschaftlich davon zu profitieren.

1.000 Menschen arbeiten laut Antrag schon jetzt in Bremer Windenergie-Unternehmen, dort werden Umsätze von 500 Millionen Euro jährlich gemacht. In ausführlichen Statements nutzten die Abgeordneten die Gelegenheit, ihr bundespolitisches Profil auch einmal in die lokale Debatte einzubringen. So kritisierte SPD-Mann Mario Käse den CDU-Fraktionsvorsitzenden Jens Eckhoff, er halte nur deshalb „flammende Pro-Windkraft-Reden“, weil die Christdemokraten in Bremen nach der „verheerenden Wahlschlappe“ ein modernes Thema suchten. Nach wie vor stänkere der Umweltschutzbeauftragte der Bundes-CDU gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz der rot-grünen Bunderegierung. „In Bremen hü, in Berlin hott“, fasste Käse zusammen.

Eckhoff konterte, es sei die CDU-Regierung gewesen, die 1991 die Grundlage für die wirtschaftliche Nutzung der Windenergie geschaffen habe. In seinem Plädoyer für die Windkraft lobte er, dass neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze genau dort entstünden, „wo uns durch die Werftenkrise Arbeitsplätze verloren gegangen sind“. Kritik übte er am langsamen Genehmigungs-Verfahren für Offshore-Parks. Immer wieder gelänge es Umweltverbänden mit Verweis auf das geschützte Wattenmeer, den Bau von Anlagen hinauszuzögern. „Aber wer A sagt, muss auch B sagen, sonst haben am Ende andere Länder die Nase vorn, und das, obwohl Windkraft auch ein Export-Schlager ist“, so Eckhoff. Von Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) forderte er, sie solle Forschungsmittel der Bundesregierung nach Bremen holen.

Der grünen Umweltexpertin Karin Mathes nach geht es aber bei der Windenergie gerade nicht darum, sich „Stücke vom Kuchen“ zu sichern, sondern um einen „dynamischen Weltmarkt“. So beglückwünschte sie zwar beide Parteien der großen Koaltion dazu, dass sie die Bedeutung der Windkraft mittlerweile erkannt hätten, verwies aber darauf, wie schwer es noch bis vor kurzem gewesen sei, sich mit dem CDU-geführten Wirtschaftssressort auf Standorte für Windenergie-Unternehmen und Wind-Parks zu verständigen. Zudem kritisierte sie den „Geist der Konkurrenz“ den der Antrag atme. „Wir brauchen eine Kompetenzregion Nord-West, ein Standort Cuxhaven stört da nicht“, so die Grüne.

Umweltsenatorin Wischer pflichtete ihr zwar bei, aber es gehe in den kommenden acht Jahren immerhin um geschätzte 20.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Auch sie könne sich eine Modellregion Nordwest vorstellen, „aber mit Bremerhaven als Zentrum“. Für sie sei Windenergie ein Beispiel dafür, dass Politik „manchmal einen langen Atem braucht“. Mit der im Juni gegründeten und von Bremen und der EU geförderten „Windenergie Agentur“ sei dazu ein wichtiger Baustein gelegt worden.

Elke Heyduck

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