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Eine Rüge aus Brüssel, aber keine Strafe

Eichel gibt Haushaltsdefizit über 3 Prozent zu und akzeptiert EU-Strafverfahren. Geldbuße aber offenbar abgewendet

BERLIN taz/afp/ap ■ Deutschland muss wegen Überschreitung der Euro-Stabilitätskriterien mit einem EU-Strafverfahren rechnen, kommt aber wohl um eine Geldbuße in Milliardenhöhe herum. Er gehe davon aus, dass die Bundesrepublik in den zwei kommenden Jahren wieder alle Vorgaben des Euro-Paktes schaffen werde, so dass auf Sanktionen verzichtet werden könne, sagte EU-Finanzkommissar Pedro Solbes nach einem Gespräch mit Finanzminister Hans Eichel gestern.

Eichel erklärte, er werde – im Gegensatz zum vergangenen Frühjahr – das Strafverfahren akzeptieren. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder sei dafür, den Tadel der EU-Partner anzunehmen. Anfang des Jahres hatte der Minister mit Schröders Rückendeckung eine Verwarnung (blauer Brief) mit der Zusage verhindert, 2004 einen Staatshaushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen. Wegen der Konjunkturkrise wurde das Ziel inzwischen auf 2006 verschoben.

Eichel teilte Solbes offiziell mit, Deutschland werde das 3-Prozent-Kriterium beim Staatsdefizit aller Voraussicht nach überschreiten. Experten gehen von 3,2 bis 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. „Deutschland wird, wenn das so ist, die sich daraus ergebenen Prozeduren akzeptieren“, sagte Eichel. Mit dem Sparpaket werde sichergestellt, „dass wir im nächsten Jahr wieder unter 3 Prozent sind“. Solbes betonte, die Einleitung eines Strafverfahrens gehöre zu den Euro-Spielregeln und sei auch als symbolischer Akt zu werten. Am Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts in 2006 werde festgehalten. Solbes und Eichel betonten, die Umsetzung des Stabilitätspaktes müsse entsprechend der Konjunkturlage flexibel gehalten und vernünftig angewandt werden.

Unterdessen beklagte der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker eine „höchst gefährliche Renationalisierung“ im Verhalten der Euroländer. Der Börsen-Zeitung sagte Juncker, es sei durchaus hinnehmbar, wenn Deutschland und Frankreich unter bestimmten Bedingungen vorübergehend das Defizitziel aufgäben. Eine solche Entscheidung müsse jedoch, wenn überhaupt, von allen zwölf Staaten der Währungsunion getroffen werden. Unterdessen sprach sich Spaniens Regierungschef José Aznar für ein unbedingtes Festhalten am Stabilitätspakt aus. KK

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