: Schauen, ob man noch am Leben ist
Tanzkurs: Sechs gute Gründe für Naftule’s Dream und auf Zack gebrachten Klezmer im RAW-Tempel
Klezmer. Musike. Wem die nicht in die Beine fährt, dass er gleich aufspringen will, tanzen, der sollte bei Gelegenheit überprüfen, ob er überhaupt noch am Leben ist. Wobei ehrlicherweise zugegeben sein muss, dass auch im Klezmer-Gewerbe Gralshüter dafür sorgen, dass die Tradition nur mehr als Häkeldecken ausgeben wird. Das reicht dann bestenfalls für ein Tanzkränzchen. Für rechtschaffene Tanzwut aber braucht man schon sechs bessere Gründe, wie heute im RAW-Tempel mit Naftule’s Dream. Das wäre erstens die Respektsperson John Zorn, auf dessen Tzadik-Label die Band aus Boston ihre Platten herausbringt, bei denen zweitens zuletzt Bill Laswell als Produzent geholfen hat, der noch nie was verschusselte und stets besten Geschmack bewiesen hat. Drittens verstehen sich Naftule’s Dream auf die Improvisation, so wie das sein muss, denn schließlich hatten auch die alten Klezmer-Macher nie Notenblätter vor sich liegen (die die Archivare jetzt trotzdem hüten). Und heute heißt Improvisation eben exzessiver Jazz, den die Naftule-Musiker locker von der Bühne semmeln, weil sie viertens ausgewiesene Könner sind, die fünftens mit ungebremster Spielfreude ans Werk gehen, wie das sechstens für Klezmer nötig ist. Halt die beste Musik, um zu schauen, ob man noch am Leben ist.
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