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„Unser Präsident ist so eine Person“

Die transatlantischen Probleme resultieren nicht aus Distanz, sondern aus Nähe – befindet David S. Hamilton

taz: In den meisten deutschen Medien wird die Reise des Außenministers hier nach Washington als Gang nach Canossa interpretiert. Müssen die Deutschen denn wirklich einen Bußgang antreten?

Hamilton: Ich glaube nicht, und vor allem Joschka Fischer nicht. Es ist interessant, dass Joschka Fischer jetzt für die Bush-Regierung der Ansprechpartner geworden ist – nicht mehr der Bundeskanzler. Die Probleme bestehen mit der politischen Haltung des Bundeskanzlers und wie er sich im Wahlkampf benommen hat. Er hat die Kritik an dieser US-Regierung mit einer Kritik an Amerika an sich, als Gesellschaft, vermischt. Das hat noch kein Bundeskanzler gemacht, erst recht nicht im Wahlkampf.

Aber wäre es denn möglich gewesen, die Position „Wir sind bei einem Irakkrieg nicht dabei“ irgendwie zu vermitteln, ohne solch harsche Ablehnung zu provozieren?

Natürlich. Jacques Chirac etwa ist auch mit der Bush-Regierung nicht einverstanden, hat aber einen Gegenvorschlag gemacht, und der wird derzeit im Sicherheitsrat diskutiert. Schröder hätte doch einfach sagen können, dass er mit Jacques Chirac hinter einem anderen Plan steht. Das wäre auch eine Ablehnung der Bush-Politik gewesen, aber verbunden mit einem konstruktiven Vorschlag. Das hat Schröder aber nicht gemacht, und jetzt ist das Gewicht Deutschlands hier sehr, sehr klein geworden.

Gibt es auf US-Seite denn überhaupt ein Interesse daran, die Beziehungen zu dieser Bundesregierung wieder zu normalisieren?

Die Probleme bestehen zwischen den zwei Menschen Bush und Schröder – leider sind das unsere Regierungschefs. Im Übrigen: Die Beziehungen zwischen Jimmy Carter und Helmut Schmidt waren furchtbar, die zwischen Nixon und Brandt waren auch nicht besonders, und Konrad Adenauer und John F. Kennedy – das war wirklich nicht gut! Aber die Beziehungen zwischen den zwei Ländern sind viel tiefer.

Der Publizist Robert Kagan hat kürzlich geschrieben, die USA und Europa drifteten zwangsläufig auseinander, weil die Europäer ihr Heil in internationalem Recht und Ausgleich suchten – während die USA sich als Supermacht mit Schwerpunkt auf dem Militärischen verhalten. Kagan schreibt, diese beiden Positionen ließen sich nicht vereinbaren. Sehen Sie das auch so?

Nein. Das ist die gleiche oberflächliche und unidimensionale Betrachtung. Es kann sein, dass europäische und US-amerikanische Soldaten in Zukunft tatsächlich nicht mehr miteinander können, wenn die Europäer nicht bereit sind, mit der militärischen Transformation Schritt zu halten. Aber wenn man alle Verknüpfungen zwischen unseren Ländern zusammennimmt, dann driften wir überhaupt nicht auseinander, sondern wir kollidieren! In den letzten zehn Jahren hat einer der tiefsten transatlantischen Integrationsprozesse der Geschichte stattgefunden. Nur sind unsere Entscheidungsträger oft nicht in der Lage, damit umzugehen. Die Probleme, die wir miteinander haben, kommen aus unserer Nähe, nicht aus der Entfernung.

Die deutsche Botschaft hat Sie vor dem Fischer-Besuch in Washington um Rat gefragt. Was haben Sie geraten?

Ich glaube, die Beziehung zwischen Bush und Schröder ist zerstört …

und da geht auf persönlicher Ebene nichts mehr?

Ich glaube nicht. Unser Präsident ist so eine Person, und das ist dem Bundeskanzler, glaube ich, auch ziemlich egal. Deshalb muss man auf Inhalte schauen und sehen, wie die Beziehungen zwischen den zwei Ländern eigentlich sind. Es sind fast die engsten Beziehungen zwischen zwei Ländern überhaupt. INTERVIEW: BERND PICKERT

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