: „Mit Herz und Hand für den Kompost“
Gudrun Pinn, Abfallexpertin des BUND, bezeichnet die geplante Abschaffung der Biotonne als kontraproduktiv. Sie fordert sogar eine Imagekampagne für die ökologische Gemüserestesammlung – und wöchentliche Abholung
taz: Frau Pinn, Umweltsenator Peter Strieder (SPD) findet Biotonnen in der Stadt unappetitlich. Hat er nicht Recht?
Gudrun Pinn: Das ist doch Stimmungsmache. Biotonnen sind eine ganz vernünftige Idee. Außerdem ist Berlin verpflichtet, den organischen Müll rauszusammeln, weil die Stadt ihn sonst nicht mehr in Brandenburg auf die Deponien kippen dürfte.
Trotzdem scheint sich die Biomüllsammlung nicht zu rechnen, die BSR will die vor sieben Jahren eingeführte Biotonne wieder abschaffen. Haben die Berliner zu wenig getrennt?
Nicht unbedingt. Das Ganze wurde nicht ausreichend forciert. Es hätte mehr Lobbyarbeit für das Trennen geben müssen. Es hätten sehr viel mehr organische Anteile aus dem Müll herausgeholt werden können.
Das Zeug in den Biotonnen ist ja wirklich oft eklig. Ist das ein Wertstoff oder Sondermüll?
Wertstoff natürlich, wenn es ordentlich kompostiert wird. Es ist nur schwieriger und teuerer geworden, weil es neue Auflagen gibt.
Lohnt sich der Abtransport überhaupt? Fällt die Ökobilanz für die ganze Transportlogistik nicht negativ aus?
Klar, wenn ich eine leere Tonne abfahre, dann lohnt die Belastung durch Emissionen, Krach und Gestank nicht.
Die Tonnen sind aber oft leer oder nur schlecht gefüllt.
Das heißt nicht, dass man es von vornherein lassen sollte. Die Biotonnen müssten günstiger sein und wieder häufiger abgeholt werden. Mindestens einmal pro Woche. Dann ist der Kompost auch nicht so unappetitlich. Dazu müsste eine ganz andere Art der Aufklärung kommen. Die Biotonne muss viel mehr beworben werden, nicht so halbherzig wie bislang, da muss man mit Herz und Hand dahinter stehen.
Der Kompost hat ein Imageproblem?
Genau. Die Einführung sah ja so aus, dass vielen die Biotonne einfach vor die Tür gestellt wurde nach dem Motto: Nimm und friss. Einfache Plakataktionen reichen nicht. Man muss die persönliche Ansprache verstärken.
Aus Kostengründen will die BSR die Biotonnen wieder von der Straße holen und dazu die Gebühren raufsetzen, um Geld für notwendige Investitionen zu bekommen.
Das ist kontraproduktiv, weil der Abfall ja trotzdem durch eine Sortieranlage muss, die Nassmüll, weil er so klumpt und klebt, nicht gut sortieren kann. Da fehlt die Logik.
Und die BSR will die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben ausbauen.
Der Standort Ruhleben selbst wirft große Schwierigkeiten auf. Es ist einzusehen, dass die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in der Stadt bleiben sollen. Aber die Erweiterung dort wäre eine Katastrophe. Das Verkehrsaufkommen würde explodieren, wenn der Müll nur an einen Standort transportiert werden würde. Dazu kommt, dass gerade die Energieauskopplung für Wärmenutzung außerordentlich schwierig ist.
INTERVIEW: HANNO CHARISIUS
Gudrun Pinn ist im Landesarbeitskreis Abfall beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
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