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Weltbank weicht Schutz der Wälder auf

Künftig sollen Firmen, die den tropischen Regenwald abholzen, Kredite erhalten können. NGOs protestieren

BERLIN taz ■ Jahr für Jahr verschwinden weltweit rund 12 bis 15 Millionen Hektar Wald. Das ist eine Fläche rund dreimal so groß wie die Schweiz. Das rasante Tempo der Zerstörung muss aufgehalten werden – so der Tenor zahlreicher internationaler Konferenzen. Doch die Weltbank schert jetzt aus. Sie will ihre Richtlinien zum Schutz der Wälder lockern. Bisher hat sie keine Kredite für den Holzeinschlag in Regenwäldern und die dazugehörige Industrie vergeben. Das soll sich nun ändern. Die Exekutivdirektoren der Mitgliedsländer werden darüber heute in Washington abstimmen.

Vehement haben Umwelt- und Entwicklungsorganisationen protestiert. Greenpeace stellte in einem Brief an Weltbankpräsident James Wolfensohn fest, dass seine neue Waldpolitik „nicht nur die Wälder der Erde zerstört, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Bank als Entwicklungsinstitution“. Und der WWF International beklagt in seinem Schreiben an Wolfensohn, anstatt Schutzbestimmungen auf die Wälder des Nordens auszuweiten, werde der Schutz der Regenwälder faktisch aufgegeben. „Die neue Weltbank-Politik fällt nicht nur hinter das deutsche Waldsektor-Konzept zurück, sondern auch hinter die Ziele des ersten Weltumweltgipfels 1992 in Rio“, sagt Knud Vöcking von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald. Erst im Frühjahr hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ein Papier für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in der Waldwirtschaft vorgelegt. Darin wird die Zertifizierung nach den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) gefordert.

Dem Weltforstrat FSC gehören Umweltverbände, Gewerkschaften, Holzindustrie und Forstwirte, indigene Völker und waldnutzende Gemeinden an. Er steht für eine umwelt- und sozialverträgliche sowie rentable Nutzung von Wäldern – und ist als solcher international anerkannt. Auch die Weltbank fordert eine Zertifzierung, doch kann der Kreditnehmer das System frei wählen. Damit, so fürchtet Vöcking, wird „dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet“. Schon seit vier Jahren wird die Waldrichtlinie diskutiert. Vorgestern wurde noch einmal hinter verschlossenen Türen verhandelt. Dabei zeichnet sich für Umwelt- und Menschenrechtler sowie die deutsche Bundesregierung zumindest ein Teilerfolg ab: Für die Zertifizierung sollen doch Kriterien aufgelistet werden, die sich an dem FSC-Siegel orientieren.

„Womöglich gar nicht so schlecht, dass sich die Weltbank in die kommerzielle Waldnutzung einmischt, wenn sie solche strengen Standards vorgibt“, urteilen jetzt Beobachter. Und der Exekutivdirektor der Bundesregierung, Eckhard Deutscher, wird heute aller Voraussicht nach zustimmen – wie die meisten anderen Abgeordneten auch.

HANNA GERSMANN

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