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Grüne kritisieren Beitragsstopp

Der Koalitionspartner sieht ihn Ulla Schmidts Gesundheitspaket einen „dirigistischen Akt“. Die Krankenkassen prüfen schon mal, wie sie dem Beschluss zuvorkommen können – und die Ministerin beruhigt die Lobby mit Ausnahmen von der Nullrunde

aus Berlin JEANNETTE GODDAR

Mit der trauten Einigkeit war es am Tag nach der Generaldebatte schon wieder vorbei. Gestern wurden in der rot-grünen Koalition die Differenzen über das von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt geplante Sparpaket im Schnellverfahren deutlich. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Krista Sager kritisierte die geplante Festschreibung der Kassenbeiträge als „dirigistischen Akt“. Solche Maßnahmen könnten „schnell kontraproduktiv wirken“. Sager, die sich auch gegen eine Nullrunde bei Krankenhäusern aussprach, forderte Kassen wie Ärzte und Pharmaindustrie auf, sich freiwillig an dem Sparpaket zu beteiligen.

Das Gesundheitsministerium plant, den Krankenkassen bereits ab kommenden Donnerstag eine Erhöhung der Beiträge zu verbieten. SPD wie Grüne stimmen am Montag über den Entwurf des so gennanten „Vorschaltgesetzes“ ab. Mit dem Gesamtpaket sollen geschätzte drei bis 3,8 Milliarden Euro erbracht werden.

Diverse Krankenkassen reagierten auf den angekündigten Beitragsstopp gestern mit eiligst einberufenen Sitzungen der Verwaltungsräte. Die großen Kassen Barmer und DAK, aber auch mehrere Betriebskrankenkassen kommen ab heute zu Krisensitzungen zusammen. Erster Tagesordnungspunkt: Ob man nicht vor dem 7. November noch schnell die einst angestrebten Erhöhungen auf 14,3 oder 14,4 Prozent durchsetzen könne. Theoretisch wäre das nach Angaben aus Koalitionskreisen auch möglich. Schmidt wie Sager warnten vor einer Ad-hoc-Erhöhung. Die grüne Gesundheitspolitikerin Birgitt Bender appellierte an die Kooperationsbereitschaft der Kassen. Sonst dürften sie sich nicht wundern, wenn der Gesetzgeber eingreifen müsse, sagte Bender der taz.

Ministerin Ulla Schmidt, die der geballten Kritik von Opposition wie Lobbyvertretern zunächst entgegnet hatte, sie verstehe „das ganze Geschrei“ nicht, trat dann doch noch einmal vor die Presse. Dort verteidigte sie zwar ihre Sparpläne als „sozial ausgewogen“ und verwies darauf, dass man nur so „die nötige Luft“ bekommt, nächstes Jahr dann ganz bestimmt mit der „großen Strukturreform“ in Richtung mehr Wettbewerb, Vertragsfreiheit und Patientenrechte durchzustarten.

Gleichzeitig beruhigte Schmidt die aufgeschreckte Lobby aber auch mit einer ganzen Serie von Ausnahmeregelungen: So gebe es „natürlich die Möglichkeit, Beitragssätze anzuheben“ – nämlich dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Kassen in Gefahr sei oder sie Kredite aufnehmen müssten, was sie gar nicht dürfen. Unter Umständen könnte das Gesetz damit reinen Appellcharakter bekommen. Andererseits heißt es aus Kreisen der Krankenkassen, man dränge sich nicht gerade danach, mit Meldungen über einen drohenden Konkurs in die Öffentlichkeit zu kommen.

Zahlreiche Ausnahmen sind auch bei der Nullrunde für Ärzte und Krankenhäuser geplant: für Kliniken in den neuen Ländern mit Sondertarifbeständen; für Maßnahmen, die einer besseren Arbeitszeitregelung dienen; für Krankenhäuser, die gerade auf Fallpauschalen umstellen. Nur was die geplante Rabattpflicht für Pharmafirmen angeht, gab Schmidt sich unerbittlich: Wenn man die Preise in Deutschland mit denen in Frankreich oder Österreich vergleiche, „dann ist da eine ganze Menge Luft drin“.

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