„Immer blöder mit Schröder“

Baggeralarm in der City. Tausende Bauarbeiter protestierten gegen die Reduzierung der Eigenheimzulage. Wo sie an Baustellen vorbeikamen, hieß es: „Runter da, Feierabend!“

Man nehme einen Haufen Leute, Trillerpfeifen, massenweise Transparente, Bauarbeiterhelme in allen Farben, und die klassische Demo ist komplett. „Damit der Schröder nicht so ’ne Scheiße baut“ – so erklärt Zimmermann Jens Gabrisch aus Zahna bei Wittenberg, warum er mit vier Kollegen gestern nach Berlin gekommen ist. „Wir haben von unserem Chef schriftlich, dass Leute entlassen werden, wenn die die Eigenheimzulage streichen.“ Und dann? „Ihr treibt uns in die Schwarzarbeit“, steht auf seinem Transparent. „Irgendwie muss man sich ja ’n bisschen Geld verdienen“, sagt Gabrisch.

Tausende von Bauarbeitern zogen gestern Vormittag auf hupenden Baufahrzeugen durch die Hauptstadt, um gegen die Reduzierung der Eigenheimzulage zu protestieren, über die zur gleichen Zeit im Reichstag debattiert wurde. Nach Angaben des Veranstalters, des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) nahmen 10.000 Beschäftigte an dem Protestzug teil, der vom Alexanderplatz über den Potsdamer Platz bis zum Brandenburger Tor führte. Die Polizei zählte 4.000 Bauarbeiter und 300 Baufahrzeuge.

Wer auf Baustellen am Wegesrand arbeitete, musste sich anbrüllen lassen: „Runter da, Feierabend!“ Laut ZDB droht durch die Pläne der Bundesregierung der Verlust von 200.000 Arbeitsplätzen in der Baubranche.

Michael Wieczorek kann ganz konkret beziffern, was dann auf seine Firma zukommt: „Von meinen 24 Mitarbeitern muss ich die Hälfte entlassen.“ Fast auf den Tag genau vor 50 Jahren hat sein Großvater die Firma im niedersächsischen Hitzacker gegründet. Wegen der schlechten Auftragslage gab es in seinem Betrieb bereits viele Kündigungen. „60 Prozent unserer Auftraggeber bekommen ihr Haus nur über die Eigenheimzulage finanziert. Fällt die weg, fällt die Hälfte der Aufträge weg.“ Betroffen seien vor allem mittelständische Firmen, meint Wieczorek.

Der 32-jährige Martin Weckwerth fürchtet nicht nur um seinen Arbeitsplatz beim Baustoffhändler Kluwe, sondern auch um seine ganz privaten Pläne. Er will im nächsten Jahr bauen. „Wir versuchen gerade, alles bis Ende des Jahres durchzukriegen, um noch die alte Förderung zu bekommen.“ Ansonsten werde es mit der Finanzierung des neuen Heims für die vierköpfige Familie in Königs Wusterhausen eng, sagt Weckwerth. „Leute mit Kindern können es sich doch dann kaum noch leisten, zu bauen.“

„Die volle Zulage nur ab 6 Kindern? Das hat Schröder nicht mal mit 4 Frauen geschafft!“, steht denn auch auf einem Transparent. Deshalb fährt Weckwerth heute mit seinem Betonmischer mal im Schritttempo durch Berlin. Zumindest hat er es darin schön warm.

CHRISTIANE GROSS