: Der Sicherheitsgurt an der Decke
90 Prozent aller Toten bei Wohnungsbränden ersticken an giftigen Rauchgasen – und meistens brennt es nachts. Der Hupton des Rauchmelders kann lebensrettend sein. Die Geräte sind aber nur in wenigen deutschen Haushalten zu finden
von HELGA JAHNKE
Feuer in einem Schlafwagen der Deutschen Bahn. Es wird erst bemerkt, als der Zug brennend durch einen Bahnhof fährt. Zwölf Tote sind zu beklagen, die meisten im Schlaf erstickt. Feuer- oder Rauchmelder, die die Schlafenden vielleicht noch hätten wecken könnnen, sind nach der Europäischen Brandschutznorm nicht vorgesehen. „Falls notwendig, wird die Deutsche Bahn diese Standards auch allein, ohne europäische Einigung umsetzen,“ teilt die Bahn mit.
Feuer in Privatwohnungen sind zwar meist nicht so spektakulär, aber auch hier könnten viele Tote vermieden werden: Auch die meisten Opfer bei häuslichen Bränden sterben im Bett. Zwei Drittel aller Wohnungsbrände entstehen nachts, zwischen 23 und 7 Uhr. „Das Phänomen ist, wenn der Mensch schläft, schaltet sich der Geruchssinn aus. Er atmet im Schlaf schön tief, und merkt gar nicht, wenn es giftige Rauchgase sind, die er einatmet. Und dann fällt er in den ganz tiefen Schlaf“, sagt Peter Braun, Pressesprecher der Hamburger Feuerwehr. Nach seinen Angaben sind etwa 90 Prozent der Brandopfer an Rauchgasen erstickt.
Im Brandfall bleiben meist nur vier Minuten zur Flucht, eine Rauchvergiftung setzt bereits nach viel kürzerer Zeit ein. Als Lebensretter empfiehlt Braun deshalb Rauchmelder: Ein Frühwarngerät, das durch einen Hupton die Bewohner alarmiert, so dass diesen Zeit bleibt, die Feuerwehr zu rufen und sich zu retten.
In den USA und in Skandinavien sind Rauchmelder gesetzlich vorgeschrieben. Von Mitte der 70er bis Mitte der 90er Jahre ist die Quote der in Privatwohnungen installierten Rauchmelder in den USA von 20 auf 90 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Brandopfer dort von 6000 auf 3000 jährlich halbiert. In Deutschland gibt es 200.000 Haus- und Wohnungsbrände im Jahr, mit etwa 600 Toten – aber erst in fünf bis zehn Prozent der Haushalte Rauchmelder.
Hierzulande wähnen sich viele allzu sicher, wenn sie nicht im Bett rauchen und Kerzen nicht unbeobachtet brennen lassen. Dabei sollten allerdings besonders Eltern vorsorgen, denn bei jedem dritten Brand hätten Kinder gekokelt, sagt Braun. Ein verkanntes Risiko sind die in der ganzen Wohnung verteilten Elektrogeräte. Und zwar nicht nur „vergessene“ Bügeleisen oder Herdplatten. Fernseher, für das Frühstück programmierte Kaffeemaschinen oder nachts arbeitende Brotbackautomaten können einen Kurzschlussbrand verursachen: „Jedes Gerät, dass Nachts auf stand by läuft, ist eine potenzielle Brandgefahr, weil es ja immer noch unter Spannung steht“, so Braun, „sicher ist nur, wer den Aus-Schalter am Gerät betätigt.“ Gefährlich ist auch der Kunststoff, der in all diesen Geräten verbaut ist. „Allein ein brennendes Telefon setzt eine 3-Zimmer-Wohnung so unter Rauch, dass man die Hand nicht mehr vor Augen sehen kann, abgesehen davon, dass die Gase tödlich sind“, warnt Braun.
Weil Rauchgas nach oben steigt, sollte in jeder Etage einer Wohnung mindestens ein Rauchmelder an der Decke angebracht sein. Meist reicht einer im Flur. Zumindest im Kinderzimmer sollte jedoch ein extra Gerät angebracht sein: Kinder wissen ja, dass es verboten ist, zu zündeln, und machen deshalb gern ihre Tür zu. Da kann nur der Rauchmelder rechtzeitig Alarm geben.
Die Geräte sind mit zwei Schrauben leicht selbst zu montieren. Sie werden mit Batterie geliefert, arbeiten deshalb auch bei Stromausfall. Die Batterie reicht zwei bis drei Jahre. Etwa vier Wochen bevor sie leer ist, sendet der Rauchmelder einen Warnton, so dass Zeit genug bleibt, sie auszuwechseln. Einmal im Monat sollte der Prüfknopf am Gerät betätigt werden, um zu sehen, ob es noch funktioniert. Übrigens: Raucher brauchen nicht zu befürchten, dass das Gerät sie bei jeder Zigarette verpfeift. Die Melder sind so sensibel, dass sie zwischen Rauch und Qualm unterscheiden können.
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