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Einmal Bullerbü und zurück

Der Oldenburger Matthias Blum ist mit seiner Astrid-Lindgren-Ausstellung schon seit fünf Jahren unterwegs. Jetzt kehrt er ins Oldenburger Hallenbad zurück

Wände bemalen im Hallenbad – der Lindgren hätt’s gefallen

Hätte Matthias Blum genau gezählt, würde er vielleicht in den nächsten Tagen dem 100.000. Besucher seiner Ausstellung im Oldenburger Hallenbad einen Blumenstrauß überreichen können. Oder besser ein Buch. Die Geschichte von Pippilotta Langstrumpf zum Beispiel, von Meisterdetektiv Kalle Blomquist oder Ronja Räubertochter, dem letzten Werk einer der größten KinderbuchautorInnen der Welt – Astrid Lindgren. Denn seit fünf Jahren ist der Oldenburger mit seiner Ausstellung „Die Lebenswelt von Astrid Lindgren“ unterwegs. Ein Ende ist nicht abzusehen. Laut Blum ist die Ausstellung über ein Jahr im voraus ausgebucht, das Interesse an Bullerbü und Michels Streichen ungebrochen. „Lindgren-Geschichten werden weitergegeben“, sagt der Organisator. „Jeden Abend vor dem Einschlafen.“ Dann lesen unzählige Mütter und Väter ihre Kinder in den Schlaf. „Astrid Lindgren wird schon in der vierten Generation gelesen.“

Angefangen hat alles, als Matthias Blum die 20 erreichte. Durch sein Studium zum Grundschullehrer wurde er zum Fan. Spielte mit seinen Schulkindern im Praktikum Pippis und Astrid Lindgrens Lieblingsspiel „Nicht-den-Boden-berühren“ und begann zu sammeln. Und 1997, anläßlich des 90. Geburtstags der schwedischen Kinderbuchautorin, präsentierte der heute 34-Jährige – „klein, aber fein“ – seine erste Ausstellung in einer Oldenburger Grundschule.

Von da an wurden die „Lebenswelten“ immer wieder eingeladen. Tourten von Magdeburg nach Varel, von Buxtehude nach Berlin. Immer größer werdend, denn wo immer es geht, vervollständigt Blum seine Sammlung. Auf Flohmärkten ist er ebenso zu Hause wie auf Auktionen. In den Hallen stapeln sich Erstausgaben und Originalillustrationen. Von den 86 Sprachen, in die Lindgren-Bücher übersetzt wurden, hat er die meisten da, sogar arabisch und japanisch zum rückwärtsblättern. Eine Kostprobe der plattdeutschen Pippi-Langstrumpf-Übersetzung gehört zum Vorleserepertoire, wenn Blum durch seine Schätze führt.

Sammelleidenschaft und Forscherdrang sorgten dafür, dass er sogar in Schweden als anerkannter Lindgren-Forscher gilt. Er trat mit Menschen aus ihrer nächsten Umgebung in Kontakt, mit Silke Weitendorf vom Oettinger-Verlag zum Beispiel. „Oettinger hat als erster Verlag bis heute mit Lindgren zusammengearbeitet“, weiß Blum. Oder mit der Lindgren-Tochter Karin Nyman. Die alte Dame selber „wollte ich nicht mehr belästigen“, sagt er. Deshalb war er um so überraschter, als ihn 1998 dann doch eine Einladung in die Dalagatan 46, Stockholm, erreichte. „Es war von Anfang an eine ganz vertraute Atmosphäre. Astrid kümmerte sich um ihre Mitmenschen. Ich musste kaum Fragen stellen“, erzählt Blum. Anfang dieses Jahres war er das letzte Mal in Stockholm, als die Autorin nach ihrem Tod am 28. Januar zu Grabe getragen wurde.

Mit der Ausstellung im Oldenburger Hallenbad kehrt Blum wieder zum Ursprungsort seiner Tournee zurück. Auf mehreren Stellwänden ist das Leben der Schwedin festgehalten. Schwedische Musik wird zu hören sein. Ein Raum ist mit Stroh ausgefüllt, „eine Bullerbü-Atmosphäre entstanden“, findet Blum. Die Tatsache, dass das marode Oldenburger Hallenbad im nächsten Jahr den Abrissbirnen zum Opfer fallen wird, hat für die Kinder in der „Lebenswelt“ auch sein Gutes: Die Wände dürfen bemalt werden. Man könnte wetten, der Lindgren würd’s gefallen.

Ole Rosenbohm

Die Ausstellung „Lebenswelten“ der Astrid Lindgren ist bis zum 24. November im Oldenburger Hallenbad zu sehen.

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