Stichwahl nötig

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahlen in Slowenien liegt Regierungschef Janez Drnovsek vorn

SPLIT taz ■ Den künftigen Präsidenten Sloweniens werden die 1,6 Millionen Wahlberechtigten am 1. Dezember in einer Stichwahl bestimmen. Dann stehen sich der jetzige Regierungschef der Mitte-links-Regierung, Janez Drnovsek, und die Kandidatin der konservativen Opposition, Barbara Brezigar, gegenüber. Nach den vorliegenden Ergebnissen erreichte der 52-jährige Drnovsek im ersten Wahlgang 44,36 Prozent der Stimmen. Die 48-jährige Staatsanwältin und ehemalige Justizministerin Barbara Brezigar erzielte 30,75 Prozent der Stimmen. Einen Überraschungserfolg verbuchte auch der Chef der Slowenischen Nationalpartei (SNS), Zmago Jelincić, mit 8,51 Prozent der Stimmen.

Favorit für die Stichwahl bleibt aber Janez Drnovsek. Der Chef der Liberaldemokratischen Partei erklärte, er freue sich über die „große Unterstützung“, die eine „reale Basis“ für den Wahlsieg am 1. Dezember darstelle. Drnovsek kann sich auch der Unterstützung des bisherigen Präsidenten und Exkommunisten, Milan Kučan, sicher sein. Kučan, der Mitte der Achtzigerjahre die damals allein regierenden Kommunisten zur Öffnung des Systems drängte und das Land in die Demokratie und die Unabhängigkeit führte, kann nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren.

Janez Drnovsek hat als Premier großen Anteil daran, dass Slowenien heute zu den nächsten Kandidaten für die Aufnahme in die Nato und die EU gehört. Dem als Wirtschaftsfachmann und Technokraten geschätzten Regierungschef gelang es, das 2-Millionen-Einwohner-Land durch behutsame Wirtschaftsreformen für den westlichen Markt fit zu machen. Slowenien wird bei einem Beitritt Nettozahler in der EU sein.

Auch Drnovseks Gegenkandidatin Brezigar wird in Bezug auf die EU den Kurs halten, obwohl sie sich vor allem auf die konservative Landbevölkerung stützt. Viele Bauern fürchten, Verlierer des EU-Binnenmarktes zu werden. Weiter kann Brezigar auf Hilfe durch die konservative Sozialdemokratische Partei des Exverteidigungsministers Janez Jansa rechnen. Mit dem Argument, das Land sollte sich von den „alten Kommunisten“ lösen und „brauche unverbrauchte Gesichter“, gelang es ihr in der ersten Runde, mehr Stimmen als erwartet bei den neuen Mittelschichten zu erringen. Da Drnovsek wenig Charisma hat, rechnet sich die Kandidatin im zweiten Wahlgang weitere Stimmengewinne aus. ERICH RATHFELDER