: Mensch wird Strichcode
Wilhelm-Zimmermann-Retrospektive: Museum der Arbeit präsentiert politische Plakate aus 30 Jahren. Themen sind Diskriminierung, Industrialisierung, Menschenrechte
Dem Thema „Anschläge“ widmet sich – im doppelten Sinn – der Frankfurter Grafiker Wilhelm Zimmermann in der aktuellen Ausstellung im Museum der Arbeit. Der Künstler lehrte unter anderem an der Hamburger Akademie für Kunst und Gestaltung. „30 Jahre politische Titel-Bilder-Plakate“ lautet der Untertitel der Schau. Bereits beim Betreten der Ausstellungshalle wird deutlich, dass der Angriff viele Bereiche umfasst. So sind Fremdenfeindlichkeit und die Diskriminierung der Frau ebenso Themen wie Krieg oder stupides Arbeiten.
Mit kräftiger Farbgebung, Symbolik und surrealistischen Techniken transportiert Wilhelm Zimmermann seine Anliegen. Und ob die Grafiken als Titelseite von Gewerkschaftszeitungen oder als einfache Plakate entworfen sind: Als „Hingucker“ fungieren sie in jedem Fall.
Zu thematischen Reihen haben die Organisatoren die Blätter zusammengestellt, ergänzt um Handzettel zum Mitnehmen, die den politischen Hintergrund erklären. Das Titelblatt der Zeitschrift metall vom März 1983 etwa heißt Vom Bürger zur Nummer und stellt immer dünner werdende Bauarbeiter nebeneinander. Doch schon der fünfte ist kaum noch als Mensch zu erkennen. Alle weiteren ähneln eher einer Strichcode-Abfolge, als arbeitenden Individuen. Im Auftrag der IG Metall erstellt, steht dieses Plakat für eine Zeit der Ent-Euphorisierung bezüglich des technischen Fortschritts.
Ganz andere Aspekte beleuchtet ein amnesty international -Plakat aus dem Jahr 1979 mit dem Titel Menschenrechte in Ketten. Eine weiße Taube sieht man hier, die an eine Eisenkugel gekettet in einem dunklen Verschlag sitzt. Das Tier schaut zu einem vergitterten Fenster, hinter dem sich blauer Himmel zeigt. Darüber hinaus bearbeitet Zimmermann in seinen „Anschlägen“ nicht nur Situationen im eigenen Land, sondern besonders das Missverhältnis zu den Trikontländern. IMKE WIETARS
Mo 13-21, Di–So 10–17, So 10–18 Uhr; Museum der Arbeit, Wiesendamm 3 (Barmbek); bis 1. Dezember
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