: Achtjähriger allein in Berlin
Die Berliner Ausländerbehörde trennt eine Roma-Familie. Kein Einzelfall, seit das Rückübernahmeabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien in Kraft getreten ist
BERLIN taz ■ Acht Jahre lang hatte die fünfköpfige Familie Vakov (Name geändert) in Berlin gelebt; eine vierjährige Tochter und der zweijährige Sohn wurden in Deutschland geboren. Als Polizisten in der vergangenen Woche die serbischen Roma zur zwangsweisen Abschiebung frühmorgens aus dem Schlaf holten, „war den Beamten die Retraumatisierung der Bürgerkriegsflüchtlinge offenbar egal,“ vermutet Rechtsanwalt Heiko Moshagen. Der Anwalt wirft den Behörden doppelten Rechtsbruch vor.
Bei der Abschiebung wurde der achtjährige Sohn von seinen Eltern getrennt, nachdem das Kind aus Angst vor der Polizei weglief. Statt die Abschiebung zu beenden und den grundgesetzlich verbrieften Schutz der Familie zu achten, fahndete die Polizei in den folgenden Tagen vor der Schule des Jungen, der inzwischen bei seiner schwer erkrankten Großmutter Schutz fand.
Auch ein Asylerstantrag, eingereicht von Moshagen, während die Familie im Bundesgrenzschutz-Gewahrsam auf den Abflug in den kalten Belgrader Winter wartete, hätte zu einer Abschiebungsaussetzung führen müssen. Der BGS ignorierte ein entsprechendes Fax jedoch.
„Die Behörden treten die Menschen- und Grundrechte im Bereich des Ausländerrechts mit den Füßen“, so Jens-Uwe Thomas vom Flüchtlingsrat Berlin. Gemeinsam mit Pro Asyl und den Wohlfahrtsverbänden startet der Flüchtlingsrat unter dem Motto „Hier geblieben – Recht auf Bleiberecht“ deshalb heute eine neue Kampagne.
Denn seitdem am 1. November das „Rückführungsabkommen“ zwischen Deutschland und der Bundesrepublik Jugoslawien in Kraft trat, sind bundesweit rund 50.000 Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, darunter viele serbische Roma, akut von Abschiebung bedroht. Zwar hat das Berliner Abgeordnetenhaus Innensenator Erhart Körting (SPD) aufgefordert, sich auf Bundesebene für ein Bleiberecht der Roma einzusetzen. Entsprechend der Aufnahme jüdischer Kontingentflüchtlinge aus den GUS-Staaten, die einen Versuch der Wiedergutmachung an den Opfern der NS-Vernichtungspolitik bedeute, müsse auch den Roma aus Osteuropa ein Bleiberecht in Deutschland gewährt werden, so die Forderung. HEIKE KLEFFNER
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