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„Ich bin im Grunde optimistisch“

Der indonesische Tourismusminister warb in Europa für das Reiseland Bali und die neuen Sicherheitsvorkehrungen

taz: Auf der Webseite des Auswärtigen Amtes heißt es nach den Anschlägen von Bali: „Die Sicherheitslage in Indonesien hat sich grundsätzlich verändert und erheblich verschärft. (…) Es ist nicht auszuschließen, dass es zu weiteren Anschlägen oder anderen Gewaltakten kommen kann.“ Deshalb rät die Bundesregierung derzeit von Reisen nach Indonesien ab, die nicht dringend notwendig sind. Was halten Sie davon?

I Ge Ardhika: Wir sind gegen so drastische Warnungen. Wir haben in Indonesien viele Schritte unternommen. Unsere Ermittlungen nach den Tätern laufen auf Hochtouren, und wir haben mit einem Antiterrordekret die rechtlichen Grundlagen zur Bekämpfung des Terrorismus verbessert. Da wir eine Demokratie sind, müssen wir auf der Basis von Gesetzen vorgehen und können nicht die Menschenrechte einzelner Personen verletzen. Wir arbeiten auch verstärkt mit den Sicherheitsbehörden anderer Staaten bei der Bekämpfung des Terrorismus zusammen. Denn dieser Terrorismus betrifft nicht nur Indonesien, sondern findet momentan überall statt.

Können Sie solche Anschläge in Zukunft ausschließen?

Wir bemühen uns, die Sicherheit der Touristen zu vergrößern. So haben wir auf Bali die Zahl der Polizisten erhöht. Kommt im Landesschnitt ein Polizist auf 1.200 Bürger, so ist auf Bali das Verhältnis jetzt eins zu 300.

Warum sollte den Maßnahmen der indonesischen Regierung jetzt vertraut werden, wenn sie bis zu den Anschlägen Indonesiens Terrorproblem geleugnet hat und Vizepräsident Hamzah Haz sich sogar mit Abu Bakar Bashir traf, dem mutmaßlichen Führer der Gruppe Jemaah Islamiyah, die als Hauptverdächtige der Bali-Anschläge gilt?

Das möchte ich nicht kommentieren, das ist jenseits meiner Kompetenz.

Sie stammen selbst aus Bali. Wie ist denn jetzt das Verhältnis der dortigen Hindu-Mehrheit zur muslimischen Mehrheit im Rest des Landes? Haben die hinduistischen Balinesen das Gefühl, dass die Muslime ihnen den bisherigen Erfolg im Tourismus nicht gönnen?

Auf Bali selbst gibt es nur eine kleine muslimische Gemeinschaft in Kuta, und die ist wie die Hindus von den Anschlägen betroffen. Zwischen Hindus und Muslimen gibt es auf Bali keine Probleme, und auch im Rest des Landes gibt es gegenüber den Balinesen jetzt nach den Anschlägen keine Schadenfreude.

In manchen Medienberichten war nach den Anschlägen von Bali die Rede davon, dass westliche Touristen mit ihrem dekadenten Verhalten die Sitten der Einheimischen verletzt hätten. Wie wollen Sie künftig damit umgehen?

Da ist nichts dran. Grundsätzlich respektieren wir die anderen Kulturen und kommunizieren an die Gäste, auch die lokalen Traditionen zu respektieren. Die Unterschiede müssen akzeptiert werden, das ist ein gegenseitiger Prozess. Indonesien hat über fünfhundert verschiedene Ethnien, über deren Sitten wir die Besucher aufklären müssen. Doch gerade diese Vielseitigkeit macht die Attraktivität aus. Wenn alles wäre wie zu Hause, warum sollten die Touristen dann kommen?

Wie lange wird es dauern, bis sich Indonesiens Tourismusindustrie von den Anschlägen auf Bali erholt?

Ich bin im Grunde optimistisch. Viele Besucher, beonders aus dem Ausland, haben sehr verständnisvoll reagiert und gesagt, dass sie wiederkommen werden. Viele sind auch geblieben, weil sie sich auf Bali sicher fühlen. Wenn alles gut läuft, wird etwa ab Juni nächsten Jahres die Zahl der ausländischen Besucher auf Bali wieder so sein wie vor den Anschlägen.

Haben sich die Anschläge vom 11. September auf den Tourismus in Indonesien ausgewirkt?

Bis zum 11. September 2001 war die Zahl der Touristen in Indonesien gegenüber dem Vorjahr um 7,1 Prozent gestiegen, sodass wir für das Jahr 5,8 Millionen Besucher erwarteten. Doch nach dem 11. September ging die Zahl zurück, so dass wir unser Ziel um 400.000 Besucher verfehlten. Von den 5,4 Millionen Besuchern im Jahr 2001 reisen 30 bis 35 Prozent direkt nach Bali.

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