: Unbeschreibliches Papier aus Tropenholz
Robin Wood protestiert gegen Handel mit Zellstoff aus Indonesien. Der Raubbau dort hat schlimme Folgen
HAMBURG taz ■ Mitten in Hamburg kreischt eine Motorsäge. Robin Wood ist gekommen, um die letzten Regenwälder Indonesiens vor dem Kahlschlag zu bewahren. In der Warburgstraße in der Nähe des Bahnhofs Dammtor protestierte gestern die Umweltgruppe gegen den Verkauf von Kopierpapier aus Tropenholz. Dort sitzt die Hauptverwaltung des wichtigsten deutschen Papiergroßhändlers, der Papier Union. Sie ist mit einem Umsatz von 550 Millionen Euro pro Jahr eine Branchengröße und beliefert Großunternehmen, Verlage und den Einzelhandel.
Längst sind drei Viertel der einst dichten Tropenwälder abgeholzt, zerhackt und zu Zellstoffbrei verpanscht – für blütenweißes Papier in Hülle und Fülle. Die große Insel Sumatra, von der die Hamburger Papier beziehen, ist fast kahl. Schon in der Suharto-Ära wurde intensiv Raubbau am Wald Indonesiens betrieben. Derzeit wird völlig unkontrolliert und illegal gefällt. Maßnahmen des Staates greifen nicht, internationale Appelle verhallen. Zu aufgebläht ist die Holz- und Papierindustrie, aufgebaut mit Krediten aus dem Ausland. Längst reichen die Konzessionswälder nicht mehr aus, um die hohen Schulden zu bezahlen. Mehr als die Hälfte der Bäume für Papier wird illegal gefällt. Von nachhaltiger Forstwirtschaft keine Spur.
„Wenn Papier Union etwas am Erhalt des Naturerbes der Menschheit liegt, darf der Papierhändler nicht länger die Raubbauprodukte von Konzernen wie April abnehmen“, fordert Robin-Wood-Tropenwaldexperte Jens Wieting. Papier Union meint jedoch, April betreibe nachhaltige Forstwirtschaft. Vor Ort sieht das anders aus: Nicht nur die Wälder werden zerstört. Flüsse werden vergiftet, Menschen von ihrem angestammten Land vertrieben. Wo Papierfabriken angesiedelt werden, gerät die Region ökologisch und sozial aus dem Gleichgewicht. Mitverdiener sind Schutztruppen, mafiagleich strukturiert, auf deren Konto täglich Menschenrechtsverletzungen gehen.
Robin Wood fordert den Großhändler auf, sich seiner sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst zu werden und aus dem Geschäft mit Raubbau-Papier auszusteigen. Die Chefetage war erst nach einer guten Stunde Sägerei zu Gesprächen bereit. Sie will sich kundig machen, ob April tatsächlich nachhaltige Forstwirtschaft betreibt.
Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich per Brief, Fax oder E-Mail an der Protestaktion zu beteiligen. Ob die Umweltschützer an den Erfolg vom März dieses Jahres anknüpfen können, bleibt abzuwarten. Damals hatte Robin Wood bei Karstadt gegen den Vertrieb von Kopierpapier des Zellstoffkonzerns Asia Pulp and Paper protestiert. Karstadt hat sich einsichtig gezeigt und das APP-Papier aus dem Handel genommen. Konsumenten sollten auch April-Papiere der Marke „Paper one“ verweigern und es unbeschreiblich finden.
MARIANNE KLUTE
Die Autorin ist Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia! in Berlin
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