: Nächste Sparrunde beginnt jetzt
In Eichels Entwurf für den Bundeshaushalt 2003 sind noch immer Löcher von bis zu zwei Milliarden Euro versteckt. Weitere Einsparungen sind also angesagt. Im Visier ist unter anderem die Bundeswehr. Gefahr auch für die erneuerbaren Energien?
von HANNES KOCH
Die Probleme von Rot-Grün bei der Aufstellung des Bundeshaushalts nehmen kein Ende. Denn die Koalitionäre haben ein Finanzloch von mindestens 1,5 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2003 nur mühsam versteckt. Einsparungen in dieser Größenordnung müssen die Finanzpolitiker der SPD und der Grünen in den Beratungen der kommenden Wochen zusammenkratzen. Vor dem Hintergrund der knappen Haushaltslage wird das in beiden Fraktionen als äußerst schwierig betrachtet. „Das ist ein echter Brocken“, sagt die grüne Finanzpolitikerin Antje Hermenau.
Heute verabschiedet das Bundeskabinett den Nachtragshaushalt für 2002 und den Entwurf des Bundeshaushalts für 2003. In Letzterem befindet sich ein Etatposten, der den schönen Titel „globale Minderausgabe“ trägt – ein anderer Begriff für „Haushaltsloch“. Die Summe beläuft sich auf 1,5 Milliarden Euro. Woher das Geld kommen soll, ist weitgehend unklar. Sicher ist nur: Wenn Finanzminister Hans Eichel (SPD) die jetzt festgelegte Neuverschuldung von 18,9 Milliarden Euro in 2003 nicht überschreiten will, müssen diese Mittel irgendwo eingespart werden.
Dabei seien die fehlenden 1,5 Milliarden noch nicht alles, rechnet Dietrich Austermann, Finanzpolitiker der CDU-Fraktion, vor. In den Etatplänen für das Wirtschaftsministerium von Wolfgang Clement und das Forschungsministerium von Edelgard Bulmahn (beide SPD) gebe es weitere offene Posten in Höhe von rund 500 Millionen Euro. Insgesamt summiere sich die Deckungslücke damit auf zwei Milliarden Euro.
Die grüne Haushaltspolitikerin Hermenau bezeichnet Austermanns Rechnung aber als irreführend. Die Einsparpositionen für Wirtschaft und Forschung könne man nicht einfach addieren. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass es in der Regel ziemlich unproblematisch sei, die entsprechenden Summen zu erwirtschaften. Das Geld bleibe sozusagen übrig, weil bestimmte Investitionen sich aus irgendwelchen Gründen verzögerten.
Einsparungen von 1,5 Milliarden in einem Haushalt von rund 250 Milliarden Euro müssen kein großes Problem darstellen. In der jetzigen Situation freilich ist es fraglich, ob die Regierungsparteien noch einmal Kraft haben zu streichen. Der Druck ist schon enorm: Allein die Neuverschuldung soll 2003 um rund 16 Milliarden Euro unter den 34,9 Milliarden liegen, die für 2002 nötig geworden sind.
Finanzminister Eichel hat mehreren Kollegen deshalb bereits nahe gelegt, dass besonders sie sparen müssen. Dazu gehört der Verteidigungsminister, der 360 Millionen Euro beitragen soll. Eine mögliche Folge: 2003 könnten über die schon erfolgten Einberufungen hinaus fast keine Wehrpflichtigen mehr gezogen werden. Eine Sprecherin des Finanzministeriums wollte sich vor der heutigen Sitzung des Kabinetts nicht zu konkreten Sparplänen äußern. CDU-Politiker Austermann argwöhnte, dass auch ein Lieblingsprojekt der Grünen betroffen sein könnte: die Förderung der regenerativen Energien.
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