: Roma suchen neues Asyl
Nach einem Gespräch mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) beenden die rund 30 Roma zwar ihre Besetzung der PDS-Parteizentrale, geben aber noch lange nicht auf. Weitere Aktionen sind geplant
von JÜRGEN SCHULZ
„Mein Vater hat seit 30 Stunden nicht geschlafen“, sagt Milan P. Heute Nacht kann er wieder in seinem Bett schlafen. Die rund 30 Roma, die drei Tagen und zwei Nächte einen Raum in der PDS-Zentrale am Rosa-Luxemburg-Platz besetzt hatten, haben ihre Aktion beendet. Die Roma werfen Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und der Berliner Ausländerbehörde vor, sie nach Serbien abschieben zu wollen, obwohl dort Demütigungen und Misshandlungen drohen. Eine Ausreiseaufforderung haben bereits alle erhalten. Eine der Forderungen der Roma war deshalb ein Gespräch mit Körting. Das fand gestern Mittag statt. Anschließend wurde die Besetzung gegen 18 Uhr beendet. Weitere Aktionen sind geplant.
„Wir wurden überraschend nett und freundlich empfangen“, sagten die drei geladenen Roma und deren Vertreterin, die Flüchtlingsberaterin Renate Gemkow. Die Forderungen nach einem generellen Abschiebestopp der Roma nach Serbien konnte Körting bei dem Gespräch allerdings erwartungsgemäß nicht erfüllen. Diese Lösung könne er laut Ausländergesetz ohne die Zustimmung aller Länder ohnehin nicht anbieten. Körting will sich aber auf der nächsten Innenministerkonferenz (IMK) für eine so genannte Altfallregelung einsetzen.
Konkret sähe diese vor: Alle Roma, die vor dem 1. Juli 1996 nach Deutschland eingereist sind, erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für mindestens zwei Jahre. „Das ist inakzeptabel. Viele Roma sind wegen der Nato-Bombardements 1999 geflohen“, sagt Renate Gemkow. Körting habe auch hier Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Ausgenommen von allen Zugeständnissen sind laut Körting allerdings Roma, die straffällig geworden sind. Sie würden ohne Kompromisse abgeschoben. „Das gilt auch schon, wenn mal eine Kleinigkeit geklaut wurde“, kommentierte Gemkow.
„Es hat sich etwa bewegt, wenn auch nicht viel“, urteilte Milan P., einer der Besetzer. Immerhin sei Körting der erste Politiker in Deutschland, der sich für die Roma einsetzen wolle. Dragan Marinkovic gab sich kämpferisch: „Wir sind natürlich nicht zufrieden. Wir werden mit anderen Aktionen weitermachen.“ Viele der am Tisch sitzenden Roma in der PDS-Zentrale klatschten Beifall. Renate Gemkow ergänzte: „Körting hat die volle Breitseite zu erwarten.“ Das Thema PDS sei jetzt ausgereizt. „Dort haben wir offene Türen eingerannt.“ Schließlich gebe es noch weitere Parteien. „Zum Beispiel die SPD“, sagt eine aus dem Publikum. „Ein konstruktiver Vorschlag“, antwortet Gemkow verschmitzt. JÜRGEN SCHULZ
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