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Galiciens Fischer werden nervös

Bei der Bekämpfung des Ölteppichs aus dem gesunkenen Tanker ist Spanien auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen

CORCUBIÓN taz ■ Die Fischer von Corcubión befürchten „das Schlimmste“. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurde an den Stränden rund um den 2.000-Seelen-Ort im äußersten Westen Spaniens erstmals Öl aus den Tanks des am Dienstag untergegangenen Ölfrachters „Prestige“ angeschwemmt. Seit gestern hat die Regionalregierung zunächst einen absoluten Fangstopp verhängt.

„Im Innern der Bucht befinden sich zwei große Muschelbänke“, erklärt José Domínguez. Er ist Vorsitzender des örtlichen Fischereivereins, dem insgesamt 174 Mitglieder angehören. Und jedes Mitglied steht für eine Familie, die direkt vom Meer lebt. Dreimal so viele bestreiten indirekt ihren Lebensunterhalt mit dem, was täglich im Hafen angelandet wird. Gerade jetzt, so dicht vor Weihnachten, ist der Fangstopp für Corcubión und die Nachbarorte eine Katastrophe.

Domínguez wartet zusammen mit 30 Muschelsammlerinnen an der Hafenmauer auf die Lastwagen mit schwimmenden Anti-Öl-Barrieren, die die Regionalverwaltung versprochen hat. „Ausbringen werden wir sie selbst“, sagt eine der Frauen. Mit jeder weiteren Stunde Verzögerung werden die Muschelsammlerinnen nervöser.

Die Behörden sind offensichtlich überlastet. Von überall kommen Anfragen nach Material. Doch das ist bereits alle. Nachschub muss aus dem Ausland kommen. Angesichts der mittlerweile 290 Kilometer verseuchten Küste wird immer deutlicher, dass Spanien allein nicht über die Mittel verfügt, um mit einer Katastrophe solchen Ausmaßes fertig zu werden. Anders als die meisten europäischen Küstenländer verfügt das Land über keine Dekontaminierungsschiffe, die in der Lage wären, Öl aus dem Wasser aufzusaugen. Zwar sind mittlerweile ein niederländisches und ein französisches Schiff vor Ort. Doch diese beiden können nicht auf hoher See eingesetzt werden, wo sich ein über 240 Kilometer langer Ölteppich befindet, da sonst die küstennahen Bereiche ungeschützt blieben. „Eine Ölpest überrascht alle Welt“, versucht der Fischfangminister der galicischen Regionalregierung diese Mängel zu entschuldigen.

Das Schlimmste steht Galicien noch bevor. Der Wind dreht nicht. Damit wird stündlich weiteres Öl angeschwemmt. Nach der Bucht von Corcubión dürften jetzt auch die fjordähnlichen Flussläufe weiter südlich bedroht sein. Dort gibt es insgesamt 2.200 Muschel- und 18 industrielle Fischzuchtanlagen. Der Schaden, der entstehen würde, wenn das Öl dort eindringt, ist nicht abzuschätzen.

Für die Fischer überall an der Küste ist klar. „Die Regierung handelt ohne Plan.“ Eine Nachricht, die gestern alle spanischen Tageszeitungen verbreiteten, macht dies nur zu deutlich. Verteidigungsminister Federico Trillo gab zu, dass die Luftwaffe mit dem Gedanken gespielt habe, die leckgeschlagene „Prestige“ auf hoher See zu bombardieren, „um zu erreichen, dass der Tanker in Brand gerät und das Öl verbrennt“. Die Vorbereitungen wurden gestoppt, als das Schiff am Dienstag auseinanderbrach und sank. REINER WANDLER

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