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Das Haupthindernis liegt im Krankenbett

Die neue türkische Regierung will den Zeitplan für eine Lösung der Zypern-Problematik einhalten, um sich den EU-Beitritt nicht zu verbauen. Doch der Führer der türkischen Zyprioten blockiert und ist außerdem im Krankenhaus

ISTANBUL taz ■ Auch eine Woche nachdem die Frist für eine Stellungnahme zu dem neuen UN-Zypern Plan abgelaufen ist, hat weder die türkische Regierung noch die Führung der türkischen Zyprioten offiziell erklärt, ob der Plan als Verhandlungsgrundlage akzeptiert wird. Begründet wird diese Verzögerung mit dem schlechten Gesundheitszustand des Chefs der türkischen Zyprioten, Rauf Denktasch, der nach wie vor in einem New Yorker Krankenhaus liegt, und der Übergangssituation in Ankara, wo die neue Regierung sich gerade konstituiert und erst anfang Dezember im Parlament bestätigt wird.

Trotz dieser objektiven Schwierigkeiten offenbart die Verzögerung einen tiefen Dissens im türkischen Lager. Während die neue Regierung mit ihrem Parteichef Tayyip Erdogan ganz deutlich gemacht hat, dass sie eine Lösung auf Zypern will und den Annan-Plan durchaus als gute Gesprächsgrundlage betrachtet, kommt Denktasch seine Krankheit offenbar nicht ganz ungelegen. Von seinem Krankenbett aus verkündete er via Radio, der Plan sei für die Türken voller Fallen und in weiten Teilen unannehmbar. Unterstützt wird Denktasch von Teilen der alten Elite.

Rückendeckung erhielt Erdogan hingegen völlig überraschend von Kenan Evren, dem Militärchef, der 1980 den Putsch anführte. Evren war 1974 während der türkischen Intervention auf Zypern Chef des Heeres und Operationschef des türkischen Einmarsches. In einem Interview mit CNN-Türk berichtete Evren, die türkische Armee habe damals mehr Land besetzt als ursprünglich vorgesehen war. „Das“, so Evren, „war ausdrücklich als Verhandlungsmasse für einen Friedensschluss gedacht.“ Er verstehe deshalb nicht, dass Denktasch und andere nun darüber jammern.

Der Exgeneral spricht damit für die große Mehrheit der türkischen Bevölkerung, die sich ihren Weg in die EU nicht von einigen wenigen Leuten um Rauf Denktasch verbauen lassen will. Doch Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Abdullah Gül sind in einer schwierigen Situation. Sie können Denktasch nicht übergehen, und solange der im Krankenhaus liegt, kann man ihn auch nicht bedrängen.

Unterdessen läuft die Zeit davon. Kofi Annan hat vorgesehen, dass bis zum 11. Dezember, dem Tag vor den EU-Gipfel in Kopenhagen, wo über einen Beitritt Zyperns zur EU entschieden werden soll, eine Grundsatzentscheidung zwischen Griechen und Türken auf Zypern fällt. Auf dieser Grundlage könnte die gesamte Insel EU-Mitglied werden.

Wird der Zeitplan nicht eingehalten, bestehen die Griechen auf einer Aufnahme allein des griechischen Teils. Das würde aber auch die Aussicht der Türkei, in Kopenhagen einen Termin für Beitrittsverhandlungen zu bekommen, drastisch verschlechtern.

Neben einer Lösung des Zypern-Problems, versucht die neue Regierung außerdem noch möglichst bald eine Verfassungsänderung in die Wege zu leiten, damit Parteichef Erdogan anschließend auch Ministerpräsident werden kann, was ihm bislang aufgrund einer Vorstrafe verwehrt ist. Meldungen, dies solle bereits innerhalb eines Monats geschehen, wurden von Erdogan allerdings dementiert.

JÜRGEN GOTTSCHLICH

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