: Neue Zeitrechnung bei der Bahn
Für den 15. Dezember kündigt die Bahn den „größten Fahrplanwechsel seit 1991“ an. Weil der deutsche Fahrplan europäisch integriert wird, ändern sich beinahe alle Zeiten. Unterwegs sein sollen mehr ICE- und IC-Züge. Dafür entfallen Interregios
aus Berlin SUSANNE KLINGNER
Bitte rennen Sie nach dem 15. Dezember nicht einfach zu Ihrem gewohnten Zug, sondern schauen Sie vorher in den neuen Fahrplan. Denn an diesem Tag ändert sich nicht nur das Preissystem der Bahn – auch der Fahrplan wechselt komplett.
„Für die Bahn und ihre Kunden beginnt am 15. Dezember eine neue Zeitrechnung. Mit dem bedeutendsten Fahrplanwechsel seit 1991 wird der ICE für Millionen Reisende eine starke Alternative zur Straße und zum Flugzeug“, heißt es bei der Bahn. Will heißen: Mehr Strecken werden durch den ICE befahren, und gleichzeitig werden Interregios durch IC-Züge ersetzt. Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert: „Die Interregios waren sehr schlecht nachgefragt und fuhren meistens parallele Strecken zu anderen Zugverbindungen.“
Doch der Wechsel ist für die Kunden teurer: Wer bisher mit dem Interregio von Hamburg nach Rostock fuhr, zahlte 28 Euro Standardpreis. Mit dem Intercity kostet dieselbe Strecke in der gleichen Zeit künftig 31,20 Euro. Alternative: ein Regionalexpress, der 20 Minuten länger unterwegs ist. Die Karte kostet 26 Euro.
Drei Jahre lang hat die Bahn AG am neuen Fahrplan gearbeitet. Den Kunden würde ein „völlig neu geknüpftes und optimiertes Liniennetz von ICE und Intercity“ geboten. Die „Verkehrsleistung“, das heißt die Zahl der gefahrenen Kilometer, steige um etwa 1 Prozent auf 136,8 Millionen Kilometer jährlich.
Kleinere Änderungen hat es auch in den letzten Jahren bereits immer wieder gegeben. Für dieses Mal hatte sich die Bahn AG jedoch sehr viel mehr vorgenommen: Der deutsche soll „in den europäischen Fahrplan integriert werden“, so Bahn-Sprecher Burkhard Ahlert. Denn auch in Europa wechselt am 15. Dezember der Sommer- zum Winterfahrplan. Die innereuropäischen Strecken sollen dann schneller befahren werden können, indem die Anschlüsse besser angepasst werden. Doch es läuft nicht alles nach Plan. Ursprünglich sollte am 15. Dezember auch die Schnellstrecke Frankfurt–Köln–Brüssel aufgemacht werden. Bei einem Tempo von 300 Stundenkilometern sollte der ICE nur 110 Minuten brauchen. Doch die belgische Eisenbahn hat die 77 Kilometer lange neue Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Lüttich und Löwen bislang nicht freigegeben.
„Es gibt noch Probleme in den Verhandlungen“, sagte Bahnsprecher Manfred Pietschmann. Hintergrund ist ein Streit zwischen der belgischen Staatsbahn SNCB, der französischen SNCF und der Deutschen Bahn um Marktanteile an der lukrativen Verbindung.
Eine Neubaustrecke zwischen Köln und Frankfurt ist laut Bahn der zweite Grund für die vielen Änderungen. Denn sie beeinflusst rund zwei Drittel aller Fernverkehrslinien direkt oder indirekt. Und auch eine Reihe von Regionalbahnverbindungen ändern sich. Deshalb müssen alle Züge neu eingetaktet werden. Die Strecke soll den Nord-Süd-Verkehr entlasten. Denn laut einem Sprecher der Bahn hat eine Studie des internationalen Eisenbahnverbandes UIC herausgefunden, dass der größte Verkehrsanstieg bis 2020 vor allem in Nord-Süd-Richtung zu erwarten sein wird. Die Bahn-Zeitschrift bahntech befürchtet allerdings, dass die neue Strecke zwar kürzere Reisezeiten möglich macht, aber in den nächsten Jahren dann auch zum Nadelöhr werden wird.
Weil viele Verbindungen seit Jahren gleich geblieben waren, werden die Kunden eine Weile brauchen, sich auf den neuen Fahrplan einzutakten. Trotzdem sollten sie sich ranhalten: Denn ab dem 15. Dezember wird Zuspätkommen besonders teuer.
Alle Änderungen: www.bahn.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen