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Die Eliten haben schon alles vergeigt

Die taz berichtete am vorigen Donnerstag über den Aufruf konservativer Medien und des Historikers Arnulf Baring zum Widerstand gegen dierot-grüne Regierung. Das sei nicht einmal ein guter Witz, sagen die einen LeserInnen, die Leute wollen geführt werden, meinen die anderen

betr.: „Die Elite probt den Aufstand“ (Konservative Medien rufen zum Widerstand gegen die rot-grüne Regierung auf), „Wenn der Wohlstand sich erhebt“ („Reden vom Notstand“ von Christian Semler, „Panik im Mittelstand“ von Ralph Bollmann, „Streben nach Aufstand“ von Dirk Knipphals), taz vom 21. 11. 02

Was kommt als nächstes? Deutsche Betonfrisur-Trägerinnen krakelen wie weiland Chiles rechtsradikale Bridgedamen vor dem Putsch gegen Allende mit ihren 18/10-Nirosta-Pfannen aus der Fissler-Johann-Lafer-Edition vor Renate Künasts Ernährungsministerium und schreien „Hunger“? Die Internationale der Couponschneider und Immobillionäre unter der Führung des Kampf-Schwätzers Hans-Olaf Henkel stürmt Super-Clements Privathaus in Bad Godesberg, weil die Sozialgesetzgebung seit Jahren schon sooooo ungerecht für die kommenden Generationen sei, während sie gleichzeitig weiter jeden noch nicht zubetonierten Flecken Erde porentief zu Lande, im Wasser und in der Luft versauen, dass in 50 Jahren sowieso kein Mensch mehr Lust hat, dort seine virtuelle Rente zu verjubeln?

Dieselben pragmatischen, weitsichtigen und kompetenten Supermanager, die eben reihenweise ihre Internetklitschen, Online-Banken und potemkinschen IT-Konzerne so pragmatisch, weitsichtig und kompetent versenkt haben, dass dagegen der Untergang der „Prestige“ vor Spanien ein Badeunfall war, rufen jetzt nach mehr Sachverstand in der Politik durch so genannte Fachleute, also nach sich selbst?

Oder war Edmund Stoiber mit seinem kryptischen „Wir werden die Bundesregierung innerhalb eines Jahres übernehmen!“ in der Wahlnacht als Einziger in die Putschpläne von The Great Dictator Arnulf eingeweiht? Vielleicht aber macht der Gerd das Ganze doch wieder einfach zur Chefsache und findet einen Grund, warum Germans-to-the-Irak-Front doch noch geht. Denn „Krieg führen“ sollte schon immer von innenpolitischen Problemen ablenken. […]

AXEL CRUSE, Bonn

Die Eliten haben im vergangenen Jahrzehnt in Politik, Wirtschaft und Kultur alles vergeigt, was irgend zu vergeigen war: Die Wiedervereinigung Deutschlands ebenso wie die Integration Europas, die Demokratisierung der EU ebenso wie die Einführung des Euro, Strukturwandel und Modernisierung der Wirtschaft ebenso wie deren Ökologisierung, den Neuerwerb der Kulturtraditionen wie deren Verlebendigung in einer neuen Moderne nach Moderne und Postmoderne, die umfassende Demokratisierung der Bildung ebenso wie die Entwicklung einer Pädagogik der Demokratie, die Befreiung der Kunst aus dem elitären Beziehungsgefüge ihrer Vermarktung wie des Großteils der Künstler aus Verarmung und Asozialisierung … und die dezentrale weltweite Vernetzung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung statt einer unilateralen Weltordnung mit immanenter Gewalteruption und einer aggressiven Gegenwelt unter der Flagge eines paranoidisierten Islam.

„Die Elite probt den Aufstand“ ist noch nicht einmal ein guter Witz. Der Elitenwechsel ist längst überfällig. Die Versager, die sich selbst so toll finden und abzusahnen suchen, wo irgend es geht, müssen abtreten. Das betrifft selbstverständlich auch die „grünen“ Figuren, wie Kuhn, Roth, Schlauch und so weiter.

Es gibt eine Bewegung, die mehr Menschen auf die Beine bringt, als die Grünen europaweit je Wähler gehabt haben. Doch die haben, bis auf seltene Ausnahmen wie Ströbele, davon noch nichts mitgekriegt. Wenn es aber zu einer Revolution kommt – und das wird es – dann wird sie von dort her kommen und wird gewiss nicht auf harmlose PC-Spielereien beschränkt bleiben, wie die Eliten jetzt noch hoffen. Aber wir werden europaweit vollenden, was wir 89 angefangen haben, da freuen wir uns schon drauf. MICHAEL PIETSCHSchwerin

Die taz-Kommentatoren machen es sich ein wenig einfach, Arnulf Barings Artikel in der FAZ als konservative Notstandsrhetorik abzutun und sich nicht mit dessen Inhalt zu befassen. Denn hier wurden viele der Punkte fasslich aufgeführt, an denen unser Land krankt und worüber durchaus ernsthaft diskutiert werden sollte.

Dass das Volk von den Regierungen nichts mehr erwartet, kann man sofort erfahren, wenn man zehn Leute auf der Straße fragt, und es zeigt sich an den Wahlbeteiligungen, sogar schon in den Charts.

Dass Regierung und Parlament von sich selbst nichts mehr erwarten, sieht man an dem Kommissionen-Wildwuchs, denn es ist doch eigentlich die verdammte Pflicht des Arbeitsministers und der Opposition, Konzepte zur Sanierung des Sozialsystems zu entwickeln, und das Parlament ist der Ort, diese dann zu diskutieren. […]

Dass die Regeln in bedeutenden Teilen allgemein für absurd gehalten werden, zeigt die Schwarzarbeit – ohne sie stünde zwar nur die Hälfte und könnte kein Handwerksgeselle drei Kinder und ein Haus haben (und die Arbeiter und Angestellten, denen er Samstags eins baut), aber es gilt als offizielles Übel.

Dass die Leute geführt werden wollen, ist nun mal eine soziologische Tatsache; warum wohl genießt die Kanzlerschaft Helmut Schmidts bei den Anhängern jeglicher Couleur die größte Hochachtung? Weil die Leute bei ihm spürten, dass ihnen einer vorstand, dessen Handeln von festen Prinzipien geleitet war, kein Aussitzer oder wortbrechender Opportunist. Sogar die Grünen kommen ohne den führenden Kopf nicht aus. […]

Warum also nicht darüber streiten, ob es vielleicht nicht wirklich besser wäre, alle Wahlen zugleich abzuhalten, um die Wahlkämpfe zu minimieren, in den Bundestag nur noch halb so viel Abgeordnete zu schicken, damit sie wieder arbeiten können, den Beamten wenigstens für zwanzig Jahre die Wahrnehmung von Mandaten zu verbieten, damit die, die uns verwalten, uns nicht auch noch regieren. […]

Ist die Verfassung unantastbar, bzw. darf sie nur leise ausgehöhlt werden, oder könnte es sein, dass sich in fünfzig Jahren manches verändert hat, was eine Revision erfordert, und manches sich als unbrauchbar erwiesen hat? Das System hat ohnehin nur Bestand, wenn es funktioniert, wenn nicht, muss es sich anpassen, oder es wird untergehen. WALTER HEDDERICHGrebenhain

Die Elite probt also den Aufstand. Und, so durfte ich heute in den Nachrichten im Radio hören, alle Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren eine Rezession in Deutschland. Also mehr als genug Gründe, gegen die Versager von Rot-Grün zu sein. Mit Stoiber wäre dies nicht passiert.

Wirklich? Dazu zunächst eine kleine Anmerkung zu unseren Wirtschaftsweisen. In Deutschland sind sie zwar nicht unter die Lupe genommen worden, im Vereinigten Königreich sehr wohl. Und hier ist die Bilanz doch sehr ernüchternd. Die Modelle dieser Herrschaften weisen Fehlerbreiten von mehr als fünf Prozent Wachstum auf, das heißt, wenn diese drei Prozent Wachstum prognostizieren, können es genauso gut minus zwei Prozent wie acht Prozent sein.

Mit dieser Fehlerbreite aber kann man überhaupt nichts aussagen. Weshalb die Wissenschaftler lieber die Fehlerbreite weglassen. Schließlich hängt deren Job davon ab, dass man deren Prognosen (Schauen in die Glaskugel) glaubt. Diese Infos habe ich aus: H. Collins, T. Pinch: „Der Golem der Technologie“, Berlin-Verlag 2000.

Ich denke mir, in Deutschland werden die Wirtschaftsweisen auch nicht anders arbeiten, als in Großbritannien. Weshalb auch zu erklären ist, warum diese Herrschaften die kommende Rezession nicht vorhergesagt haben. […] Wobei ich beim eigentlichen Thema bin. Unserer Wirtschaftskrise. Und den eigentlichen Ursachen. Die nämlich nicht bei unserer geliebten (und oft weniger geliebten) Bundesregierung zu suchen sind, sondern in strukturellen Problemen unseres Wirtschaftssystems, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Die Reichen werden ohne Arbeit immer reicher und die Arbeitenden immer ärmer. […]

JENS NIESTROJ, Rotenburg/W.

Danke für den Fingerzeig auf die konservativen Eliten, die dank des Herumwurstelns der Bundesregierung jetzt Morgenluft wittern. Der konservative Diskurs beherrscht das Meinungsbild inzwischen fast vollständig.

Gesellschaftsanalysen, die vor dem Hintergrund der Werte Gleichheit und Gerechtigkeit gemacht werden, gelten als geradezu steinzeitlich. Der Begriff „Solidarität“ wird allenfalls noch in Zusammenhang mit einem kommunitaristischen Begriff von „Gemeinschaft“ gedacht. Während die Zahl der Millionäre ständig steigt, macht also die Bundesregierung zusammen mit den Gewerkschaften „unser Land kaputt“, insofern sie die letzten Reste des Sozialstaats noch nicht auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen hat.

Unser Land und unsere Gesellschaft werden in Wirklichkeit von der Raffzahn-Mentalität jener Besserverdienenden kaputtgemacht, die durch Steuern und andere lästige Strukturen immer noch daran gehindert werden, sich so zu bereichern, wie ihnen das ihrer Meinung nach zusteht. CLAUDIA PINL, Köln

Die christliche Union ist ein schlechter Verlierer, und der Wahlkampf geht nach der verlorenen Wahl weiter. Man plant einen Untersuchungsausschuss, der den angeblichen Wahlbetrug der rot-grünen Bundesregierung aufdecken soll, flankiert von revolutionären Drohungen oder zumindest von Großdemonstrationen.

Als das Demonstrieren noch das Monopol der Linken oder der Atomkraftgegner darstellte, las man es anders. Da waren das alles Chaoten. Jetzt, wo es um das eigene Hemd geht, ist alles legitim.

Was könnte die Union also tun? Stoiber müsste entweder linkes Demonstrationspotenzial gewinnen oder ein eigenes mobilisieren. Letzteres hat allenfalls in der Landwirtschaft Aussicht auf Erfolg. […] Einen Keil zwischen linker bzw. ökologischer Basis und der betreffenden Partei zu treiben, gelingt nie wirklich, denn man einigt sich regelmäßig doch irgendwie.

Darüber hinaus geht es der Bevölkerung des Landes immer noch so gut, dass ein Aufstand aus reiner Existenzangst, bei dem dann allerdings alles, was nach Politiker aussieht, abserviert wird, eigentlich nicht vorstellbar ist. So ist das gegenwärtige Gezerre am ehesten als Zwist unter Berufspolitikern zu werten, bei dem in der Tat die Demokratie auf der Strecke bleibt. Wie könnte man Faschismus anders definieren als Machterhalt und -gewinn um jeden Preis?ROLF ULLRICH, München

Mein Gott! Ich seh’s euch nach, schließlich habt ihr mit „Tief Gerhard über Deutschland“ und der rot-grünen Suppe auch schon mal realistischere Headlines platziert. Natürlich gilt es für euch auch, eure bestimmt nicht wenigen Abonnenten in den öffentlich-rechtlichen Medien und jene in der Ministerialbürokratie und den Verwaltungen zufriedenzustellen. Die Beamten und Angestellten dort haben […] auch keinen Grund, den Aufstand zu proben. Ich zumindest biete als Selbstständiger, der seit 18 Jahren einen Kopierladen betreibt, einem Beamten auf unterster Ebene, der gewiss nicht unter 2.000 Euro nach Hause geht, Kündigungsschutz und 13. Monatsgehalt inklusive, einen Jobtausch an.

Denn, Eichel, noch mal: 8 statt 16 Bundesländer mit entsprechend weniger Ministerriegen würden den Förderalismus nicht sterben lassen. Weniger Geld in ein für Millionen zwischen Brüssel und Straßburg hin und herpendelndes Parlament würde dazu beitragen den Erwerbstätigen, manchmal auch „Elite“ genannt, nicht über 50 Prozent ihres Lohnes aus der Tasche zu ziehen. In Zeiten des Internets klappt es auch mit weniger Landratsämtern und Verwaltungsangestellten. HANS-PETER HELFEN

Losheim-Rimlingen

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen v

betr.: „Die Elite probt den Aufstand“ (Konservative Medien rufen zum Widerstand gegen die rot-grüne Regierung auf), „Wenn der Wohlstand sich erhebt“ („Reden vom Notstand“ von Christian Semler, „Panik im Mittelstand“ von Ralph Bollmann, „Streben nach Aufstand“ von Dirk Knipphals), taz vom 21. 11. 02

Was kommt als nächstes? Deutsche Betonfrisur-Trägerinnen krakelen wie weiland Chiles rechtsradikale Bridgedamen vor dem Putsch gegen Allende mit ihren 18/10-Nirosta-Pfannen aus der Fissler-Johann-Lafer-Edition vor Renate Künasts Ernährungsministerium und schreien „Hunger“? Die Internationale der Couponschneider und Immobillionäre unter der Führung des Kampf-Schwätzers Hans-Olaf Henkel stürmt Super-Clements Privathaus in Bad Godesberg, weil die Sozialgesetzgebung seit Jahren schon sooooo ungerecht für die kommenden Generationen sei, während sie gleichzeitig weiter jeden noch nicht zubetonierten Flecken Erde porentief zu Lande, im Wasser und in der Luft versauen, dass in 50 Jahren sowieso kein Mensch mehr Lust hat, dort seine virtuelle Rente zu verjubeln?

Dieselben pragmatischen, weitsichtigen und kompetenten Supermanager, die eben reihenweise ihre Internetklitschen, Online-Banken und potemkinschen IT-Konzerne so pragmatisch, weitsichtig und kompetent versenkt haben, dass dagegen der Untergang der „Prestige“ vor Spanien ein Badeunfall war, rufen jetzt nach mehr Sachverstand in der Politik durch so genannte Fachleute, also nach sich selbst?

Oder war Edmund Stoiber mit seinem kryptischen „Wir werden die Bundesregierung innerhalb eines Jahres übernehmen!“ in der Wahlnacht als Einziger in die Putschpläne von The Great Dictator Arnulf eingeweiht? Vielleicht aber macht der Gerd das Ganze doch wieder einfach zur Chefsache und findet einen Grund, warum Germans-to-the-Irak-Front doch noch geht. Denn „Krieg führen“ sollte schon immer von innenpolitischen Problemen ablenken. […]

AXEL CRUSE, Bonn

Die Eliten haben im vergangenen Jahrzehnt in Politik, Wirtschaft und Kultur alles vergeigt, was irgend zu vergeigen war: Die Wiedervereinigung Deutschlands ebenso wie die Integration Europas, die Demokratisierung der EU ebenso wie die Einführung des Euro, Strukturwandel und Modernisierung der Wirtschaft ebenso wie deren Ökologisierung, den Neuerwerb der Kulturtraditionen wie deren Verlebendigung in einer neuen Moderne nach Moderne und Postmoderne, die umfassende Demokratisierung der Bildung ebenso wie die Entwicklung einer Pädagogik der Demokratie, die Befreiung der Kunst aus dem elitären Beziehungsgefüge ihrer Vermarktung wie des Großteils der Künstler aus Verarmung und Asozialisierung … und die dezentrale weltweite Vernetzung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung statt einer unilateralen Weltordnung mit immanenter Gewalteruption und einer aggressiven Gegenwelt unter der Flagge eines paranoidisierten Islam.

„Die Elite probt den Aufstand“ ist noch nicht einmal ein guter Witz. Der Elitenwechsel ist längst überfällig. Die Versager, die sich selbst so toll finden und abzusahnen suchen, wo irgend es geht, müssen abtreten. Das betrifft selbstverständlich auch die „grünen“ Figuren, wie Kuhn, Roth, Schlauch und so weiter.

Es gibt eine Bewegung, die mehr Menschen auf die Beine bringt, als die Grünen europaweit je Wähler gehabt haben. Doch die haben, bis auf seltene Ausnahmen wie Ströbele, davon noch nichts mitgekriegt. Wenn es aber zu einer Revolution kommt – und das wird es – dann wird sie von dort her kommen und wird gewiss nicht auf harmlose PC-Spielereien beschränkt bleiben, wie die Eliten jetzt noch hoffen. Aber wir werden europaweit vollenden, was wir 89 angefangen haben, da freuen wir uns schon drauf. MICHAEL PIETSCHSchwerin

Die taz-Kommentatoren machen es sich ein wenig einfach, Arnulf Barings Artikel in der FAZ als konservative Notstandsrhetorik abzutun und sich nicht mit dessen Inhalt zu befassen. Denn hier wurden viele der Punkte fasslich aufgeführt, an denen unser Land krankt und worüber durchaus ernsthaft diskutiert werden sollte.

Dass das Volk von den Regierungen nichts mehr erwartet, kann man sofort erfahren, wenn man zehn Leute auf der Straße fragt, und es zeigt sich an den Wahlbeteiligungen, sogar schon in den Charts.

Dass Regierung und Parlament von sich selbst nichts mehr erwarten, sieht man an dem Kommissionen-Wildwuchs, denn es ist doch eigentlich die verdammte Pflicht des Arbeitsministers und der Opposition, Konzepte zur Sanierung des Sozialsystems zu entwickeln, und das Parlament ist der Ort, diese dann zu diskutieren. […]

Dass die Regeln in bedeutenden Teilen allgemein für absurd gehalten werden, zeigt die Schwarzarbeit – ohne sie stünde zwar nur die Hälfte und könnte kein Handwerksgeselle drei Kinder und ein Haus haben (und die Arbeiter und Angestellten, denen er Samstags eins baut), aber es gilt als offizielles Übel.

Dass die Leute geführt werden wollen, ist nun mal eine soziologische Tatsache; warum wohl genießt die Kanzlerschaft Helmut Schmidts bei den Anhängern jeglicher Couleur die größte Hochachtung? Weil die Leute bei ihm spürten, dass ihnen einer vorstand, dessen Handeln von festen Prinzipien geleitet war, kein Aussitzer oder wortbrechender Opportunist. Sogar die Grünen kommen ohne den führenden Kopf nicht aus. […]

Warum also nicht darüber streiten, ob es vielleicht nicht wirklich besser wäre, alle Wahlen zugleich abzuhalten, um die Wahlkämpfe zu minimieren, in den Bundestag nur noch halb so viel Abgeordnete zu schicken, damit sie wieder arbeiten können, den Beamten wenigstens für zwanzig Jahre die Wahrnehmung von Mandaten zu verbieten, damit die, die uns verwalten, uns nicht auch noch regieren. […]

Ist die Verfassung unantastbar, bzw. darf sie nur leise ausgehöhlt werden, oder könnte es sein, dass sich in fünfzig Jahren manches verändert hat, was eine Revision erfordert, und manches sich als unbrauchbar erwiesen hat? Das System hat ohnehin nur Bestand, wenn es funktioniert, wenn nicht, muss es sich anpassen, oder es wird untergehen. WALTER HEDDERICHGrebenhain

Die Elite probt also den Aufstand. Und, so durfte ich heute in den Nachrichten im Radio hören, alle Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren eine Rezession in Deutschland. Also mehr als genug Gründe, gegen die Versager von Rot-Grün zu sein. Mit Stoiber wäre dies nicht passiert.

Wirklich? Dazu zunächst eine kleine Anmerkung zu unseren Wirtschaftsweisen. In Deutschland sind sie zwar nicht unter die Lupe genommen worden, im Vereinigten Königreich sehr wohl. Und hier ist die Bilanz doch sehr ernüchternd. Die Modelle dieser Herrschaften weisen Fehlerbreiten von mehr als fünf Prozent Wachstum auf, das heißt, wenn diese drei Prozent Wachstum prognostizieren, können es genauso gut minus zwei Prozent wie acht Prozent sein.

Mit dieser Fehlerbreite aber kann man überhaupt nichts aussagen. Weshalb die Wissenschaftler lieber die Fehlerbreite weglassen. Schließlich hängt deren Job davon ab, dass man deren Prognosen (Schauen in die Glaskugel) glaubt. Diese Infos habe ich aus: H. Collins, T. Pinch: „Der Golem der Technologie“, Berlin-Verlag 2000.

Ich denke mir, in Deutschland werden die Wirtschaftsweisen auch nicht anders arbeiten, als in Großbritannien. Weshalb auch zu erklären ist, warum diese Herrschaften die kommende Rezession nicht vorhergesagt haben. […] Wobei ich beim eigentlichen Thema bin. Unserer Wirtschaftskrise. Und den eigentlichen Ursachen. Die nämlich nicht bei unserer geliebten (und oft weniger geliebten) Bundesregierung zu suchen sind, sondern in strukturellen Problemen unseres Wirtschaftssystems, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Die Reichen werden ohne Arbeit immer reicher und die Arbeitenden immer ärmer. […]

JENS NIESTROJ, Rotenburg/W.

Danke für den Fingerzeig auf die konservativen Eliten, die dank des Herumwurstelns der Bundesregierung jetzt Morgenluft wittern. Der konservative Diskurs beherrscht das Meinungsbild inzwischen fast vollständig.

Gesellschaftsanalysen, die vor dem Hintergrund der Werte Gleichheit und Gerechtigkeit gemacht werden, gelten als geradezu steinzeitlich. Der Begriff „Solidarität“ wird allenfalls noch in Zusammenhang mit einem kommunitaristischen Begriff von „Gemeinschaft“ gedacht. Während die Zahl der Millionäre ständig steigt, macht also die Bundesregierung zusammen mit den Gewerkschaften „unser Land kaputt“, insofern sie die letzten Reste des Sozialstaats noch nicht auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen hat.

Unser Land und unsere Gesellschaft werden in Wirklichkeit von der Raffzahn-Mentalität jener Besserverdienenden kaputtgemacht, die durch Steuern und andere lästige Strukturen immer noch daran gehindert werden, sich so zu bereichern, wie ihnen das ihrer Meinung nach zusteht. CLAUDIA PINL, Köln

Die christliche Union ist ein schlechter Verlierer, und der Wahlkampf geht nach der verlorenen Wahl weiter. Man plant einen Untersuchungsausschuss, der den angeblichen Wahlbetrug der rot-grünen Bundesregierung aufdecken soll, flankiert von revolutionären Drohungen oder zumindest von Großdemonstrationen.

Als das Demonstrieren noch das Monopol der Linken oder der Atomkraftgegner darstellte, las man es anders. Da waren das alles Chaoten. Jetzt, wo es um das eigene Hemd geht, ist alles legitim.

Was könnte die Union also tun? Stoiber müsste entweder linkes Demonstrationspotenzial gewinnen oder ein eigenes mobilisieren. Letzteres hat allenfalls in der Landwirtschaft Aussicht auf Erfolg. […] Einen Keil zwischen linker bzw. ökologischer Basis und der betreffenden Partei zu treiben, gelingt nie wirklich, denn man einigt sich regelmäßig doch irgendwie.

Darüber hinaus geht es der Bevölkerung des Landes immer noch so gut, dass ein Aufstand aus reiner Existenzangst, bei dem dann allerdings alles, was nach Politiker aussieht, abserviert wird, eigentlich nicht vorstellbar ist. So ist das gegenwärtige Gezerre am ehesten als Zwist unter Berufspolitikern zu werten, bei dem in der Tat die Demokratie auf der Strecke bleibt. Wie könnte man Faschismus anders definieren als Machterhalt und -gewinn um jeden Preis?ROLF ULLRICH, München

Mein Gott! Ich seh’s euch nach, schließlich habt ihr mit „Tief Gerhard über Deutschland“ und der rot-grünen Suppe auch schon mal realistischere Headlines platziert. Natürlich gilt es für euch auch, eure bestimmt nicht wenigen Abonnenten in den öffentlich-rechtlichen Medien und jene in der Ministerialbürokratie und den Verwaltungen zufriedenzustellen. Die Beamten und Angestellten dort haben […] auch keinen Grund, den Aufstand zu proben. Ich zumindest biete als Selbstständiger, der seit 18 Jahren einen Kopierladen betreibt, einem Beamten auf unterster Ebene, der gewiss nicht unter 2.000 Euro nach Hause geht, Kündigungsschutz und 13. Monatsgehalt inklusive, einen Jobtausch an.

Denn, Eichel, noch mal: 8 statt 16 Bundesländer mit entsprechend weniger Ministerriegen würden den Förderalismus nicht sterben lassen. Weniger Geld in ein für Millionen zwischen Brüssel und Straßburg hin und herpendelndes Parlament würde dazu beitragen den Erwerbstätigen, manchmal auch „Elite“ genannt, nicht über 50 Prozent ihres Lohnes aus der Tasche zu ziehen. In Zeiten des Internets klappt es auch mit weniger Landratsämtern und Verwaltungsangestellten. HANS-PETER HELFEN

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