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„Füchse“ für die besetzten Gebiete?

Wie sichert das Verteidigungsministerium eigentlich die Informationen, mit denen die Regierung verteidigungspolitische Richtungsentscheidungen fällt? Die Verwechslung der israelischen „Fuchs“-Anfragen – mehr als eine Peinlichkeit

aus Berlin PATRIK SCHWARZ

Der Schaden war schon am Mittwochabend nicht mehr zu leugnen, doch bis spät in den gestrigen Tag hinein zögerte Peter Struck, wie sehr er sich bei der Schadensbegrenzung engagieren sollte. „Das weitere Vorgehen ist noch nicht entschieden“, hieß es gestern Nachmittag im Bundesverteidigungsministerium. Bis dahin hatte der Minister sich öffentlich nicht erklären wollen, sondern nur zwei Adressaten eine Entschuldigung übermittelt: Dem Bundeskanzler und der Bild-Zeitung. „Ich habe mich beim Bundeskanzler für das Versehen meines Ministeriums entschuldigt“, ließ er das Massenblatt wissen.

Unbestritten ist: Anders als von Gerhard Schröder am Mittwoch erklärt, hat Israel die Bundesrepublik nicht um die Lieferung des ABC-Spürpanzers „Fuchs“ gebeten, sondern um das nur äußerlich ähnliche gepanzerte Transportfahrzeug „Fuchs“. Doch bei der Panzerpanne ging es nur oberflächlich betrachtet um die Verwechslung zweier Fahrzeugvarianten durch einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums.

Verblüffend ist vielmehr, wie aus dem Lesefehler eines Soldaten eine Richtungsentscheidung der Bundesregierung werden kann, die der Kanzler, der Außen- und Verteidigungsminister gemeinsam auf einer Pressekonferenz verkünden. Wenn in einem Fall wie diesem keine internen Prüf- und Sicherheitsmechanismen greifen, wann dann?

„Die Mitarbeiter des Ministeriums haben bei dem Begriff ‚Fuchs vehicles‘ angesichts der aktuellen Diskussion an Spürpanzer gedacht“, erklärte Struck mit Blick auf die deutschen Spürpanzer in Kuwait. „Es war ein Pawlow’scher-Hund-Reflex“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der taz. Trotzdem räumen Beamte ein: „Für den Experten war erkennbar, dass es sich nicht um Spürpanzer handelte.“ Ausgangspunkt der Konfusion war ein Fax des stellvertretenden israelischen Heereskommandeurs, das der deutsche Militärattaché in Tel Aviv an das Berliner Ministerium weiterleitete.

„Das Fax war schwer leserlich“, sagte der taz entschuldigend einer, der es gesehen hat. Nachgefragt hat offenbar aber niemand. In Regierungskreisen wird eingeräumt, Struck und Schröder hätten sich erst am Mittwoch auf Zuruf über den vermeintlichen israelischen Wunsch verständigt.

Auch praktisch hat die Panne Konsequenzen: Da Israel die Transport-Füchse etwa für den Truppentransport in den besetzten Gebieten einsetzen könnten, ist eine Exportgenehmigung durch den Bundessicherheitsrat nach Einschätzung von Koalitionspolitikern wie Gernot Erler (SPD) und Ludger Volmer (Grüne) unwahrscheinlich.

Eine kleinere Panne ist durch die große Panne praktischer Weise überdeckt worden. Der neue Regierungssprecher Bela Anda hatte auf der turnusmäßigen Bundespressekonferenz nach dem Schröder-Auftritt erklärt: „Es geht um zwei Füchse.“ Auch diese Auskunft war falsch, wie Anda sich im Anschluss an die Veranstaltung beeilte zu korrigieren. Die Zahl der gewünschten Füchse ließ der Brief aus Tel Aviv offen.

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