: Kinder sind auch nicht mehr, was sie waren
Wenn der Weihnachtsmann Hans Eichel versagt, müssen höhere Mächte herhalten, um das Fest zu retten. In Zeiten der Konjunkturflaute gewinnt der Wunschzettel an das Christkind, das bekanntlich in Himmelpforten im Kreis Stade residiert und dort einen medialen Ruf genießt, der auf Hamburg übertragen nur mit dem des Schwanenvaters Nieß vergleichbar ist, wieder an gesteigerter Wertschätzung. Und da früher, als Hermann Bardenhagen Kind war, ohnehin alles besser war, behauptet der heute 77-Jährige, der seit 35 Jahren im Auftrag der Post die Briefe der Kinder beantwortet: „Die Wünsche sind materieller geworden.“ Gameboy, Computer oder Pokémon seien gefragt. Früher hätten sich die Kinder oft nur Weltfrieden oder ein Ende von Hunger und Elend ersehnt.
Genau so war es. Früher philosophierten wir auf unserem Wunschzettel, dass das Wichtigste doch Gesundheit ist und das letzte Hemd keine Taschen hat und dass Willy Brandt den Friedensnobelpreis erhalten möge und vor allem, dass Nixon den Vietnam-Krieg beendet und in Biafra die Kinder nicht mehr so hungern. Wenn dann noch ein bisschen Platz auf dem Wunschzettel war, schrieben wir – aber ganz klein – noch „Ritterburg“ oder „Carrera-Bahn“ drauf. Aber die Sache mit Nixon war uns unterm Weihnachtsbaum wirklich wichtiger. Echt.
Heute ist das leider alles nicht mehr so. Heute schreiben die Konsum-Kids ganz fett „No Angels-CD“ auf ihren Zettel und nur noch ganz klein, verschämt beinahe, steht da der Wunsch: „Dass Guido Westerwelle niemals Mitglied einer Bundesregierung werde.“ Die Zeiten haben sich geändert. PETER AHRENS
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen