KABELJAUSTERBEN: EU-FISCHEREIRAT MUSS ENDLICH DIE NOTBREMSE ZIEHEN: Nachhaltige Fischerei jetzt!
Der Kabeljau ist nicht irgendein Fisch – für die menschliche Ernährung ist er weltweit der wichtigste Fisch. Um den Kabeljau wurden Kriege geführt, er gründete die USA mit und gilt als der größte aller Überlebenskünstler, weil er alles frisst, was sich seinem Maul nähert. Seine Weibchen legen Millionen Eier. Deshalb galt der Kabeljau immer als unausrottbar – als Fisch für die Ewigkeit.
Doch das moderne Riesenschleppnetz, in dem der Kölner Dom bequem nächtigen könnte, hat den Kabeljau geschafft. Es hat die wichtigste Ressource unserer Ozeane so sehr dezimiert, dass nur noch Verbote helfen. Schon 1992 ist der Kabeljaufang vor Neufundland gestoppt worden. Jetzt müssen EU-Minister, die vorgestern in Brüssel über der Fischereireform brüteten, die Notbremse ziehen und auch Nordsee, Irische See und Schottische See für die Kabeljaufischerei sperren. Zumal es nicht nur um den Kabeljau geht. Auch die Bestände von Rotbarsch, Scholle, Seelachs, Tunfisch, Heilbutt oder Wildlachs sind dramatisch überfischt. Selbst wenn es um die Bestände von Heringen und Makrelen bisher noch nicht so übel steht: Jetzt ist Zeit für nachhaltige Fischerei! Die Reduzierung der Flotte um 8.000 Schiffe, wie von EU-Kommissar Fischler vorgeschlagen, ist ebenso unvermeidbar wie die drastische Senkung der Quoten und die Veränderung der Fangmethoden.
Das alles weiß man seit Jahren, denn die Fische verschwinden in Zeitlupe, bestens dokumentiert, mit wissenschaftlicher Sterbebegleitung. Gerade wurden die neuen Zahlen für den Nordseekabeljau vorgelegt. 2002 ist der Nachwuchs komplett ausgefallen. Die Folgen sind dramatisch: Als Reaktion auf die leer gefischten Fanggründe zieht die Flotte verstärkt nach Afrika. Senegalesische Fischer verlieren ihren Fang – und ihre Zukunft.
Ach, Kabeljau! Jesus hat ihn bei der legendären Brot- und Fischspeisung auf wundersame Weise vermehrt. EU-Minister werden das kaum schaffen. Aber jedes Lavieren wird die Bestände weiter zurückwerfen. Eine Erholung kann Jahrzehnte dauern. MANFRED KRIENER
sättigungsbeilage, taz.mag-SEITE VI
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