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Spielend wachsen

Erst der Anfang: Eimsbüttel schließt 16 Spielplätze. GAL fordert für Kinder das Geld, das jetzt für den Kampf gegen Poller und Graffiti ausgegeben wird

von SANDRA WILSDORF

Der Senat wünscht sich zwar eine wachsende Stadt, aber er macht den Wachsenden das Spielen schwer. Schon aufgrund der Einsparungen im Nachtragshaushalt 2002 werden in Eimsbüttel auf 16 Spielplätzen die Spielgeräte abgebaut, weil sie nicht mehr gewartet werden können. Die GAL übt nun heftige Kritik an Umweltsenator Peter Rehaag (Schill), weil im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr noch weitere 500.000 Euro an Grünanlagen und Spielplätzen gespart werden sollen. Dadurch seien „weitere Schließungen von Spielplätzen und die Verwilderung von Grünanlagen zu erwarten“, sagt Christian Maaß, umweltpolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion. Er kritisiert: „Eine solche Politik treibt die jungen Familien in die Vorstädte.“ So fabriziere man keine wachsende Stadt, sondern wuchernde Stadtränder und graue innere Stadtviertel.

Die Grünen bringen deshalb einen Antrag in die Bürgerschaft ein, wonach zusätzliche 400.000 Euro für Grünanlagen und Spielplätze zur Verfügung gestellt werden sollen. Woher das Geld kommen soll: „Die neue Graffiti-Hotline ist ein absoluter Flop“, findet Maaß. Weil es bisher kaum förderungswürdige Anträge gebe, könnten die dafür bereitgestellten 400.000 Euro besser anders verwendet werden.

Und auch die Mittel, die der Senat für den Abbau von Pollern ausgibt, würden die Grünen lieber in Spielplätze investieren. Für Till Steffen, Vorsitzender der GAL-Fraktion im Bezirk Eimsbüttel, ist völlig klar, dass auch andere Bezirke demnächst Spielplätze schließen müssen, „Eimsbüttel ist nur schon sehr weit, die können sofort die Auswirkungen der Einsparungen angeben.“ Tatsächlich gibt es in Eimsbüttel bereits eine Liste aller Spielplätze, die unter anderem Nutzung und Zustand bewertet.

In Bergedorf etwa soll dies nun erst erhoben werden. „Wenn beispielweise vor 15 Jahren irgendwo eine Neubausiedlung entstanden ist, dann ist der Bedarf dort heute vielleicht gar nicht mehr so groß“, sagt Bezirkssprecher Otto Steigleder. Und dann müssten dort Geräte nicht mehr sofort ersetzt werden. Die anderen Bezirke wollen zwar noch keine Plätze schließen, aber die Standards senken: Seltener reinigen, und mit der Reparatur oder dem Ersatz von Spielgeräten noch länger warten.

Der Besuch auf einem Spielplatz an der Sartoriusstraße in Eimsbüttel allerdings beweist, dass die Zukunft längst Gegenwart ist: Schaufelweise sammeln Kinder hier Scherben ein, das Schaukelgerüst hat seit dem Sommer keine Schaukel, eine Leiter schon seit April keine Sprossen mehr. Eine Kindergärtnerin und Mutter ist empört: Täglich sammelt sie hier Zigarettenkippen, Getränkedosen und anderen Müll ein. „Die sollten sich nicht so viel um die Bauwagenbewohner kümmern, sondern um die, die Zukunft sind.“

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