: Kreative Zelle
Horn hat ein neues Kunstzentrum mit göttlichem Patron: Das Haus der Apollon-Stiftung, in dem unter anderem an deutsch-brasilianischen Austauschprojekten getüftelt wird
Es ist nicht ganz einfach, herauszukriegen, was die Bremer „Apollon-Stiftung“, benannt nach dem als „Führer der Musen“ verehrten griechischen Gott, überhaupt ist und was sie will. Das räumt derenehrenamtlicher Geschäftsführer, der Kybernetiker und Hochschuldozent Ulrich Uffelmann, auch durchaus ein.
Bei einem Konzert im neuen Domizil der Stiftung in der Horner Heerstrasse 23 traf für den Außenstehenden so einiges aufeinander, was normalerweise nichts miteinander zu tun hat: Die Stiftung hat ein Haus erstanden, für das der Bremer Senat eine Bürgschaft übernommen hat. Deswegen stellte jetzt die Stiftung ihren (kleinen) Konzertsaal für ein Konzert der 25 Jahre alten Städtepartnerschaft Bremen-Danzig zur Verfügung, auf dessen Gestaltung sie freilich keinen Einfluss hatte. Dieses Konzert wurde dann gleichzeitig genutzt, um die neuen Räume der Stiftung vorzustellen, repräsentierte jedoch in keiner Weise das, was sie unter anderem will: die Förderung von jungen KünstlerInnen, die zwischen Hochschule und Musikbetrieb stehen.
Zwar trat mit der jungen polnischen Sängerin Agnieszka Tomaszewska eine förderungswürdige Sängerin auf, aber über Programm und Präsentation verliert man lieber nur wenige Worte: sechs Lieder und fünf Opernarien en suite ohne Textinformation – da musste man die Mimik der Sängerin als Inhaltsträgerin nutzen – in einem viel zu kleinen Raum mit einem Pianisten, der sowohl über Stil als auch über Anschlag noch mal gründlich nachdenken sollte. Agnieszka Tomaszewska sang wunderbar – eine perfekte legato-Führung, ein charakteristisches, kräftiges Timbre, eine mühelose Höhe machen es nicht schwer, der Sängerin eine Karriere zu prophezeien – aber etwas mehr Innovation sollte man sowohl vom internationalen Kulturaustausch des Senats als auch von der Apollonstiftung schon erwarten dürfen.
1996 wurde die Apollonstiftung mit dem vergleichsweise geringen Kapital von 50.000 Euro aus einem Vermächtnis gegründet. Das heißt, sie hat nur einen kleinen Grundstock und muss ständig Geld akquirieren. Als künstlerischer Beirat hat der brasilianische Bariton Renato Mismetti die ersten Inhalte angestoßen und sie in Konzerten in Bayreuth, Berlin, Wien und London präsentiert: Brasilianische Komponisten wurden angeregt, deutsche Texte zu vertonen und umgekehrt.
Der Kulturaustausch, der hier angestoßen wurde, trug Früchte: „Es ist erstaunlich, wie sich die KünstlerInnen jetzt ohne uns untereinander vernetzen und zusammenarbeiten“, sagt Renato Mismetti, „wir wollen diese Art von Netzwerk weiter verfolgen“.
Neben dem deutsch-brasilianischen Projekt, das jetzt eine Fortsetzung in einer künstlerischen Reflexion über die Vernichtung der Regenwälder finden soll, sind in den vergangenen fünf Jahren Konzerte für Nachwuchskünstler organisiert worden – die meisten nicht in Bremen. Das soll nun mit dem neuen Haus anders werden: „Wir wollen Meisterkurse organisieren, Studienaufenthalte ermöglichen, künstlerische Forschungsprojekte unterstützen“, erzählt Ulrich Uffelmann. „Und wir wollen mit dem neuen Haus endlich in Horn ein öffentliches Kunstzentrum etablieren“.
25 private Mitglieder und vier Firmen zählt der Förderverein der Stiftung zur Zeit. „Immerhin sind aber über Sammlungen schon einmal 250.000 Euro zusammengekommen“, sagt Uffelmann, der nun noch mehr von seiner Arbeitszeit in die Stiftung stecken will. Geradezu missionarisch fügt er hinzu: „Ohne die Kunst gibt es keinen Fortbestand der Kreativität“.
Recht hat er. Und so kann man gespannt sein, was in den nächsten Jahren aus dem Haus in der Horner Heerstraße so alles kommt. Denn ein wirkliches Profil der Förderung muss noch entwickelt werden. Angesichts schrumpfender Kulturkassen ist jede Initiative allerdings unverzichtbar wichtig.
Ute Schalz-Laurenze
Weitere Informationen zur Stiftungsarbeit gibt es im Internet unter www.apollon-art-foundation.org
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen