: Christlicher Fundamentalismus schlägt zu
Seit dem 11. September 2001 haben in den USA die Angriffe auf Muslime und Araber deutlich zugenommen
WASHINGTON taz ■ Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist die Zahl gewaltsamer Übergriffe auf Angehörige der islamischen Minderheit in den USA dramatisch gestiegen. Die US-Bundespolizei FBI veröffentlichte jüngst Zahlen, wonach im vergangenen Jahr insgesamt 481 so genannte „Hate Crimes“ (Verbrechen aus Hass) an Muslimen verübt wurden. Ein Jahr zuvor gab es lediglich 28 solcher Fälle. Das ist eine Steigerung um 1.500 Prozent.
Die Gesamtzahl der Straftaten aufgrund religiöser, rassistischer, nationaler oder sexueller Vorurteile stieg im Jahr 2001 um 20 Prozent auf 9.730. Erfasst werden sowohl aggressive Einschüchterung, Brandstiftung, Körperverletzung und Mord. Die am stärksten betroffene Minderheit waren jedoch nach wie vor Schwarze und Homosexuelle. Neben den Angriffen gegen Muslime hat auch die Zahl der ethnisch motivierten „Hate Crimes“ stark zugenommen. Verbrechen, die auf der ethnischen Herkunft der Opfer basieren und somit auch Personen aus dem Nahen und Mittleren Osten erfassen, sind um das Vierfache gestiegen, von 354 auf 1.501 Fälle.
Die FBI-Statistik spiegelt jedoch wahrscheinlich nur einen geringen Teil der tatsächlichen Zahlen wider, sagt Ibrahim Hooper, Sprecher des Rates für Islamisch-Amerikanische Beziehungen. Viele der geschätzten sieben Millionen Muslime in den USA meldeten solche Vorfälle nicht den Behörden. Andererseits seien muslimische und arabische Organisationen in den USA seit den Terroranschlägen wachsamer und ermunterten ihre Mitglieder, Übergriffe der Polizei mitzuteilen.
Muslime und arabischstämmige US-Amerikaner sehen sich seit dem 11. September einem Generalverdacht und einer wachsenden Feindschaft gegenüber dem Islam ausgesetzt. Während Präsident George W. Bush zwar nicht müde wird, öffentlichkeitswirksam zu betonen, dass der Islam eine friedliche Religion sei und das US-Justizministerium in rund 250 Städten „Toleranz-Foren“ durchgeführt hat, um die Spannungen gegenüber Muslimen und Immigranten aus dem Nahen Osten abzubauen, machen ultrakonservative Gruppen und die christlichen Rechten Stimmung gegen den Islam. So predigt der christliche Fernsehpfarrer Pat Robertson, Muslime seien grausamer gegen die Juden als Adolf Hitler. Und sein Kollege Jerry Falwell wird mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed sei ein Terrorist gewesen. Tenor all dieser Botschaften: Der Islam sei von Grund auf gewalttätig und antisemitisch.
Diese Sichtweise wird zunehmend auch außerhalb der Fernsehkirche salonfähig. So üben außenpolitische Hardliner bereits den Schulterschluss mit den christlichen Rechten. „Den Islam eine friedliche Religion zu nennen, ist ein immer schwierigeres Argument“, sagt Kenneth Adelman aus dem politischen Beraterstab des Pentagon. Ebenfalls aus diesem Gremium ist Eliot Cohen von der Johns Hopkins University in Washington. In einem Artikel für das Wall Street Journal schrieb er kürzlich, der Feind der USA sei nicht der Terrorismus, sondern der militante Islam. MICHAEL STRECK
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