: Deutsche Mittelschicht gesucht
Harburger Stadtplanungsausschuss stoppt Pläne für neues Wohngebiet, auch weil er befürchtet, dass dort vor allem Migrantenfamilien einziehen. „Nach Hause schicken“ will die Schill-Partei diese Bevölkerungsgruppe aber nicht
von GERNOT KNÖDLER
Der Harburger Stadtplanungsausschuss hat die Pläne für ein neues Wohngebiet am Niedergeorgswerder Deich in Wilhelmsburg auf Eis gelegt, unter anderem weil er befürchtet, dass sich vor allem Migrantenfamilien dort ansiedeln würden. Hintergrund ist das Bestreben der Kommunalpolitiker, den überdurchschnittlich hohen Anteil von Sozialhilfeempfängern und Migranten im Stadtteil durch den Zuzug wohlhabender deutscher Familien drücken zu können. Die Rahmenbedingungen des „Bebauungsplanes Wilhelmsburg 81“, dessen zweite öffentliche Auslegung der Ausschuss ablehnte, ließen dies nicht erwarten. Ohne eine Veränderung dieser Bedingungen sei der Plan jedoch sinnlos, findet Hanspeter Hemker, der als Schill-Vertreter für Wilhelmsburg im Stadtplanungsausschuss sitzt: „Es ist eine Minute vor zwölf!“
Was letzlich das ausschlaggebende Argument für die Ablehnung gewesen ist, darüber gibt es unterschiedliche Schilderungen. Rolf Buhs, der Ausschussvorsitzende von der CDU, nennt die Verseuchung des Bodens, die eine zweite Auslegung des Planes erst nötig machte. Der Boden des Areals ist durch die benachbarten Industriebetriebe so verschmutzt worden, dass seine Nutzung durch Kleingärten auf Dauer nicht möglich sei, bestätigt Baudezernent Peter Koch. Der Bau von Wohnungen sei dagegen möglich, wenn der Boden ausgetauscht werde – der Bebauungsplan sah aber vor allem Einfamilien- und Reihenhäuser vor. Buhs und seinen Kollegen von den anderen Parteien leuchtet das nicht ein.
Gegen ein Wohngebiet an dieser Stelle spricht in den Augen der Politiker überdies die schwache Infrastruktur: Es gebe in der Nachbarschaft nicht genügend Plätze in Schulen und Kitas. Der Niedergeorgswerder Deich sei zu stark befahren. Er werde insbesondere von Lastwagen als Schleichweg alternativ zur Wilhelmsburger Reichsstraße und zur Autobahn benutzt.
Schließlich, sagt Buhs, sei noch ins Feld geführt worden, aber nur als „untergeordnetes Argument“, dass die Vergabekriterien für städtischen Baugrund kinderreiche ärmere Familien begünstigten. Diese Kriterien erfüllen vor allem nichtdeutsche Familien, habe ein Ausschuss-Mitglied prophezeit. Das Ziel, die Mischung der Bevölkerungsgruppen zu verbessern, könne so nicht erreicht werden. „Die Wilhelmsburger fühlen sich nicht so nahe an der Vergabe, wie sie das erwarten“, sagt Baudezernent Koch.
Wilhelmsburg, darüber besteht weitgehend Einigkeit, fehle ein Gesamtkonzept, wie es zum Beispiel die Zukunftskonferenz angeregt hat. Die Leute in Georgswerder befürchteten zum Beispiel, dass ihr Stadtteil durch viele geplante Wohn- und Gewerbegebiete zugebaut werde, sagt Frank Wiesner, der Sprecher der SPD im Stadtplanungsausschuss. „Es hilft Wilhelmsburg nicht weiter, wenn wir hier einzelne B-Pläne verabschieden“, sagt Hemker, „bevor ich zustimme, möchte ich wissen: Was passiert mit dem Umfeld?“ Dieses müsse so gestaltet werden, dass es die Klientel anziehe, die in der Regel ins Umland abwandert.
Ein Ausländeranteil von 20 bis 25 Prozent in einem Viertel sei „jederzeit zu verkraften“, findet Hemker, 34 Prozent wie in Wilhelmsburg seien jedoch zuviel. Das gleiche gelte für sozial schwache Familien. Verändert werden könne dieser Anteil nur durch ein Wachstum der Einwohnerzahl. Hemker: „Sie werden ja die Leute, die hier wohnen, nicht nach Hause schicken.“
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