: Karrierediplomat vor schwierigen Aufgaben
Der neue türkische Außenminister Yasar Yakis dürfte, anstatt aktiv zu gestalten, eher im Hintergrund agieren
Yasar Yakis ist auch für die türkische Öffentlichkeit noch kein Begriff. Der 64-jährige Diplomat ist als Politiker bislang nicht in Erscheinung getreten. So war der groß gewachsene Mann mit den auffallend schlohweißen Haaren auch für die meisten Türken das erste Mal deutlich präsent, als er am Montag in Athen neben Tayyip Erdogan die Ehrengarde abschritt. Die Ernennung von Yasar Yakis zum Außenminister ist deshalb ein deutliches Zeichen für den Mangel an außenpolitischen Experten in der AKP.
Yakis gehört nicht zum Establishment der Partei, sondern wurde erst vor einiger Zeit vom heutigen Ministerpräsidenten Abdullah Gül zum aktiven politischen Engagement überredet. Yakis ist ein klassischer Karrierediplomat, der in seiner beruflichen Laufbahn nicht parteipolitisch aktiv war. Er trat 1962 in den auswärtigen Dienst der Türkei ein und hat bis zu seinem Ausscheiden 2001 wichtige diplomatische Stationen absolviert. Seine besondere Qualifikation sind seine Erfahrungen in Europa, der arabischen Welt und internationalen Organisationen.
Yakis war Botschafter der Türkei bei der Nato, er war lange als Botschafter in Saudi-Arabien und in Kairo, aber er kennt auch die anderen arabischen Länder aus untergeordneten Botschaftsfunktionen zu Beginn seiner Laufbahn. Sein letzter Posten war bei der UNO in Wien.
Auf Yakis kommen nicht ganz leichte Aufgaben zu. Er wird sich in den kommenden Wochen um die Details einer Zypern-Lösung kümmern müssen und zunächst einmal mit Widerständen im Apparat des Außenministeriums konfrontiert werden, der über die Jahrzehnte ganz überwiegend auf eine starre Haltung eingeschworen war. Dabei ist der Chef der türkischen Zyprioten, Rauf Denktasch, ein harter Brocken. Denktasch, der sein ganzes Leben damit verbracht hat, für die Türken auf Zypern einen eigenständigen Staat zu erreichen, wird sich jetzt nur schwer auf den UN-Kompromiss einschwören lassen.
Dazu kommt für Yakis der bevorstehende Irakkrieg, in dem die Türkei von ihren arabischen Nachbarn mit einigem Argwohn beobachtet wird – nicht nur wegen der engen Allianz mit den USA, sondern vor allem wegen der Beziehungen zu Israel. Hier wird Yakis zugute kommen, dass er sich jahrelang für einen türkisch-ägyptischen Dialog eingesetzt hat.
Die bisherige Karriere von Yakis lässt vermuten, dass er sich eher als ausführendes Organ denn als außenpolitischer Gestalter verstehen wird. Yakis wird versuchen umzusetzen, was Erdogan und Gül vorgeben. Vermutlich wird er auch persönlich eher im Hintergrund agieren.
Dabei ist Yakis gleichzeitig ein Angebot der Führung der AK-Partei an den Apparat und das Militär. Indem einer der ihren zum Außenminister ernannt wurde, wird signalisiert, dass die neue Regierung eine gewisse Kontinuität in der Außenpolitik wahren will. Das geschieht auch in Erinnerung an die Regierung von Necmettin Erbakan, den ersten islamischen Ministerpräsidenten, der 1996 versucht hatte, die Türkei enger an die islamischen Länder anzuschließen, und der damals vor allem mit einem peinlichen Besuch bei Gaddafi die Geduld des Militärs überstrapaziert hatte. Solche Kapriolen, das ist die Botschaft der Personalie Yakis nach innen, wird es dieses Mal nicht geben.
JÜRGEN GOTTSCHLICH
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