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Realist in der Mitte

Reinhard Bütikofer, der neue Parteisprecher, genießt nicht gerade das Vertrauen der Leute um Joschka Fischer

Er war schon weg, jetzt ist er wieder da. Kathrin Kummerow, Mitarbeiterin bei der Europaparlamentarierin Heide Rühle, wollte Reinhard Bütikofer nach vier Jahren Arbeit das Amt als politischer Bundesgeschäftsführer der Grünen streitig machen. Und so zog der Fünfzigjährige seine erneute Kandidatur zurück. Nach vier Jahren Parteiarbeit an der Spitze, maßgeblichem Einfluss auf das neue grüne Grundsatzprogramm und der erfolgreichen Vermittlung zwischen Gegnern und Befürwortern des Atomkonses sollte Schluss sein. Doch am Sonntag wurde Bütikofer mit 552 von 614 Stimmen zum grüner Parteivorsitzender gewählt.

Der „listige Buddha“ (Die Welt), der immer ein wenig amtsmüde wirkt, hat den Umgang mit Macht und Widerspruch in den 70er-Jahren gelernt. Wie nicht wenige der heute einflussreichen Grünen ging der Sohn eines Postbeamten durch die Schule einer maoistischen Studentengruppe.

Seine Parteikarriere begann Bütikofer, der sein Studium der Philosophie, Geschichte und Chinakunde nie zu Ende führte, 1984 als Heidelberger Stadtrat. Vier Jahre später schon vertrat er die Grünen dann im Stuttgarter Landtag. 1997 wurde er schließlich Landesvorsitzender von Baden-Württemberg.

Dem Bundesgeschäftsführer Bütikofer, der 2000 erst nach mehreren Wahlgängen und mit knapper Mehrheit gewählt wurde, sagte man zuletzt nur noch wenig Unterstützung seitens der einflussreichen Parteioberen nach. Sein Verhältnis zu Joschka Fischer beschrieb Bütikofer selbst einmal zurückhaltend als „Arbeitsbeziehung“. Er sympathisiere zwar mit dem realpolitischen Flügel, heißt es über ihn, machtpolitische Spiele seien ihm aber fremd. Seit gestern hat Reinhard Bütikofer wieder eine prominente Plattform, von der aus er seinen „realistischen, ökologischen Kurs der linken Mitte“ propagieren kann.

MATTHIAS BRAUN

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