: „Grundrechte fehlen“
PDS-Flüchtlingspolitikerin Hopfmann hat sich in Belgrad über die Situation der Roma informiert. Abschiebungen kommen Menschenrechtsverletzungen gleich, sagt sie. Doch die gibt es weiterhin
von SABINE AM ORDE
Für Karin Hopfmann ist die Sache klar. „Roma nach Jugoslawien zurückzuschicken kommt einer gravierenden Menschenrechtsverletzung gleich.“ Die flüchtlingspolitische Sprecherin der PDS ist gerade aus Belgrad zurückgekehrt, wo sie sich bei einem dreitätigen Aufenthalt in vielen Gesprächen ein Bild von der Situation vor Ort gemacht hat. Das Ergebnis: Die fundamentalen Grundrechte auf Wohnung, Nahrung und Bildung, so Hopfmanns Beobachtung, sind für Roma nicht gegeben. Die meisten von ihnen würden in illegalen Siedlungen ohne jede staatliche Unterstützung hausen. „Und die Organisationen vor Ort sind nicht in der Lage, die Flüchtlinge zu versorgen – das geben sie auch selbst zu.“ Deshalb forderte die PDS-Politikerin gestern erneut ein Bleiberecht für Roma in Berlin. Doch das wird es laut Innensenator Ehrhart Körting (SPD) nicht geben.
Denn Körting ist in der vergangenen Woche bei der Innenministerkonferenz (IMK) mit seinem Vorstoß gescheitert, zumindest für einen Teil der langjährig in Deutschland lebenden Roma eine Altfallregelung durchzusetzen. Lediglich für Familien mit Kindern soll bis zum 31. März ein Abschiebestopp gelten. „Das heißt aber auch, dass Alleinstehende und Straftäter weiter abgeschoben werden“, konkretisierte seine Sprecherin, Henrike Morgenstern, die Vereinbarung der IMK. Dass Körting von dieser Vereinbarung nicht abweichen wird, hatte er schon im Vorfeld deutlich gemacht. „Wenn der Vorstoß bei der IMK scheitert, bleibt es bei der generellen Ausreiseverpflichtung auch für langjährig hier lebende Roma“, sagte er im Interview mit der taz. „Dann kann man nur sehen, welche Fälle als humanitäre Einzelfälle anders zu behandeln sind.“ Hintergrund des Konflikt ist ein neues Ruckführungsabkommen zwischen Deutschland und Jugoslawien, das seit dem 1. November in Kraft ist. Nach Schätzungen der Grünen sind in Berlin rund 5.600 Roma von dem Abkommen betroffen.
Die Grünen machen sich seit langem für ein Bleiberecht der Roma stark. Gestern konnten sie im parlamentarischen Innenausschuss einen kleinen Erfolg erzielen. Einstimmig verabschiedete der Ausschuss ihren Antrag, nach dem Jugendliche, die hier auf weiterführende Schulen gehen und kurz vor dem Abschluss stehen oder sich bereits in einer Ausbildung befinden, von den Abschiebungen ausgenommen werden. Sie sollen eine Duldung bekommen. Anders, als die Grünen es wollten, gilt dies aber nicht für die Familienangehörigen. Die Jugendlichen müssen also allein in Berlin bleiben. Der flüchtlingspolitische Sprecher der Grünen, Volker Ratzmann, forderte den Innensenator gestern erneut auf, einen Alleingang zu wagen. „Wenn der politische Wille da ist, kann man aus dem Konsens der IMK ausscheren.“
Für Aufregung sorgte im Innenausschuss auch eine Mitteilung der Grünen, zwei jugendliche Roma im Alter von 16 und 17 Jahren seien gestern zwecks Abschiebung aus ihren Schulklassen geholt worden. Nähere Einzelheiten waren bis Redaktionsschluss allerdings nicht bekannt. „Wir prüfen den Vorgang noch“, sagte Körtings Sprecherin Henrike Morgenstern. In der Verwaltung wurde jedoch vermutet, dass es sich bei den zwei Jugendlichen nicht um Roma gehandelt habe.
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