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Ärzte der Staatsmacht

betr.: „Beruf: Abschiebearzt“ u. a., taz vom 4. 12. 02, „Ärzte warnen Innenminister“, taz vom 5. 12. 02

Das, was die deutschen Innenminister jetzt in die Tat umgesetzt sehen möchten, gibt es doch schon längst. Ärzte, die im Sinne der die Staatsmacht repräsentierenden Behörden „begutachten“ und die Objekte ihrer Tätigkeit guten Gewissens auf die Reise schicken: Ein Amtsarzt aus dem ostwestfälischen Paderborn beispielsweise machte vor zwei Jahren Schlagzeilen in der Region, weil er einem traumatisierten kurdischen Asylbewerber „Flug- und Reisefähigkeit“ attestiert hatte. Folterszenen während der Haft hätten schon allein deshalb keine posttraumatischen Belastungsstörungen bei dem Asylsuchenden zur Folge gehabt, weil der Kurde Schläge seit seiner Schulzeit gewohnt gewesen, quasi mit ihnen aufgewachsen sei. Mit diesem zynischen und menschenverachtenden Attest als Grundlage wurde der 27-jährige Asylbewerber vom Kreis Paderborn in die Türkei abgeschoben.

Was der taz erfreulicherweise umfangreiche Berichterstattung wert ist, die perfiden Pläne der Innenminister zur weiteren Drangsalierung asylsuchender Menschen, ist also längst Realität. Die desinteressierte deutsche Öffentlichkeit nimmt leider bislang nur so gut wie keine Notiz davon. UWE TÜNNERMANN, Lemgo

Ergänzen möchte ich den Artikel um die Information, dass auf unseren Antrag hin die Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg am 30. 11. 02 mit großer Mehrheit beschlossen hat, eine politische Justierung medizinischer Begutachtung in Abschiebeverfahren abzulehnen. Ähnliche Beschlüsse wurden auch von den Deutschen Ärztetagen 1996, 1997 und 1999 getroffen. CHRISTOPH EHRENSPERGER, für die Listedemokratischer Ärztinnen und Ärzte, Nordwürttemberg

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