: Eisfreuden, Frostfrust
Der Winter ist da: In den Wümmewiesen lockt schon das eisige Vergnügen, vor der Haustür dagegen steht vielerorts ein nicht minder eisiges Missvergnügen. Es bleibt in den nächsten Tagen kalt
Das Bremer Wintervergnügen haben nicht etwa übermütige Kinder eröffnet. Durchweg ältere Semester waren es, die gestern an der Semkenfahrt den ersten Eistest wagten. Leute, die sich noch an die harten Nachkriegsfröste erinnern; die schon Pirouetten gedreht haben, als die Winter noch Winter waren. Leute, die auf extra langen Kufen in eleganten, weit ausgreifenden Zügen in die Wümmewiesen hinausschießen. Leute eben, die auf jahrzehntelange Eislauferfahrung zurückblicken und einfach wissen, wann es trägt. Niemals warten sie auf das O.K. der Behörden, weil sie dann kostbare Momente der kurzen Saison verpassen würden. Gestern Nachmittag endlich hat das Umweltressort auch den weniger Erfahrenen grünes Licht gegeben – allerdings nur für die Wümmewiesen. „Für alle Seen gilt: Füße weg!“, warnt Sprecher Holger Bruns. „Da werden wir zum Wochenende hin noch mal messen.“
Wer bislang keine Schlittschuhe besitzt, könnte dieses Jahr zum Anlass nehmen. Es lohnt sich: Mindestens bis in die nächste Woche wird das Frostwetter halten, wenn man den Prognosen Glauben schenken darf, und wahrscheinlich wird es nicht einmal schneien. Aber auch für andere Hobbys bietet das eisige Wetter Gelegenheit: Wer auf den Balkon heraustritt, kann den wenigen verbliebenen Blättern beim Klappern zuhören. Drin kann man Eisblumen züchten: Einfach in den frühen Morgenstunden vor die Fensterscheibe stellen und hyperventilieren (geht nur bei einfach verglasten Scheiben). Besonders viel Zeit dürften für derlei Unfug die Schüler vom Schulzentrum Obervieland haben. Wegen eines defekten Stromkabels war dort gestern die Heizung ausgefallen – und der Unterricht auch. Zum Lernen in Schal und Mütze war es einfach zu kalt.
Vor der Haustür droht indes Ungemach: Der Müll friert in der Tonne fest. „Die Müllwerker bemühen sich, durch vermehrtes Rütteln der Schüttung die Abfälle zu lösen“, lautmalen die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB), bitten aber um aktive Mithilfe der BürgerInnen. „Z.B. mit dem Spaten“ soll man fest gefrorenen Müll von der Tonnenwand lösen, oder besser noch präventiv Zeitungsschichten zwischen den Abfällen einziehen. Außerdem sollen feuchte Bio-Abfälle wie Kaffeefilter vor dem Wegwerfen gut abtropfen. Und noch einen Bomben-Tipp haben die Leute von BEB: „Wirksames Mittel ist auch, die Tonnen bis zur Abfuhr an einen frostsicheren Ort zu stellen.“ Super. Vielleicht ins Wohnzimmer. Und dann den Adventskranz drauf. Sehr dekorativ.
jank
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