Die Begleitung ins Gesicht geschrieben

Vokalartist Bobby McFerrin dirigierte in der Glocke Mozarts Violinkonzert A-Dur– ein mimischer Dialogversuch

Der New Yorker Sänger Bobby McFerrin scheint die Musik der Welt in sich aufgenommen zu haben. Aber er reproduziert sie nicht einfach, sondern schafft etwas Neues, stets Überraschendes – etwas, das sein zu Recht bejubeltes Markenzeichen wurde. Der Vokalartist kann seinen Stimmcharakter so blitzartig wechseln, dass es ihm zu gelingen scheint, „dreistimmig“ zu singen.

Bei seiner Musikalität und seinen schier unerschöpfbaren musikalische Interessen konnte es nicht ausbleiben, dass er sich auch der klassischen Musik zuwendet. In einem Sabbatjahr lernte er dirigieren, unter anderem bei Leonhard Bernstein und Sejie Ozawa. Wahrlich keine schlechten Lehrer, aber mit seinem wie auch immer gearteten Dirigierhandwerk hat McFerrin jetzt in der Reihe „Glocke spezial“ mit dem Münchner Rundfunkorchester am wenigsten überzeugt.

Der Abend hinterließ sehr unterschiedliche Eindrücke: Die nuschelige Begleitung des Violinkonzertes in A-Dur ließ eher die Frage nach dem Sinn aufkommen: Über einen nicht unspannenden mimischen Dialogversuch mit der Geigerin ging das nicht hinaus – die selbst allerdings keine Miene verzog. McFerrin hingegen stand die Mozart’sche Begleitung sozusagen ins Gesicht geschrieben. Dabei spielte Miriam Contzen so schlackenlos und kristallklar, dass sie eine musikalische Partnerschaft verdient hätte.

Dann improvisierte McFerrin in gewohnt hinreißender Manier, beachtete allerdings zu wenig, in welchem Kontext er sich befand. Unmittelbar vor Mozarts dramatisch-trauriger g-Moll Sinfonie sollte man solchen sonst ja gut ankommenden Unsinn, wie das Publikum das Ave Maria singen zu lassen, während er die Bach‘sche Begleitung singt, lieber unterlassen.

Man muss nicht mit allem einverstanden sein, aber nach der Pause war es durchgehend ein Erlebnis, wie McFerrin in diese wilde und resignative Musik hineinhorcht, sie explodieren lässt, wie er die Impulse ebenso beredt wie logisch aneinander reiht, wie er individuelle Stimmen herausarbeitet, wie er nicht krampfhaft noch eine Fassung der viel gespielten g-Moll-Sinfonie dirigiert.

Und dies mit durchaus unorthodoxen Bewegungen. Extrem hohe, fast gehetzte Tempi, Transparenz, kammermusikalische Architekturen waren die Merkmale einer Wiedergabe, die auch ein eindeutiges McFerrin-Publikum begeisterten: Es stellt sich ja bei einem solchen Event die Frage, ob vom je anderen „Lager“ neue HörerInnen gewonnen werden. Das war offenbar der Fall. Ute Schalz-Laurenze