Das Riester-Rätsel

Alle reden über die Riester-Rente. Jeder weiß was anderes. Eins ist sicher: Vorsorge ist Volksbildung

von BARBARA DRIBBUSCH

„Sag mal“, wird die Sozialredakteurin vertrauensvoll im Bekanntenkreis gefragt, „du hast doch Ahnung von so was. Da kannst du mir sicher doch die Frage …“

Nein!! Dieser Tage gibt es nur eine Frage, auf die dringend eine einfache Antwort gesucht wird. Soll ich oder soll ich nicht? Eine Herausforderung für jede Journalistin, die sich schon lange mal wieder eine spannende investigative Recherche gewünscht hat.

Warum es sich nicht einfach machen, fragt sich die Sozialredakteurin, ruf ich erst mal bei der Finanzberaterin meiner Bank an. Und, für wen lohnt sich die Riester-Rente ? Nur für Leute mit Kindern? „Nein, also da haben wir Vergleichsrechnungen, faxe ich ihnen durch“, flötet es durchs Telefon. „Selbst mit zwei Kindern stehen Sie sich besser, wenn Sie eine klassische private Rentenversicherung abschließen. Die Riester-Produkte lohnen sich nicht.“

Was, trotz der Riester-Förderung? „Die Riester-Renten sind viel zu aufwendig in der Verwaltung, da bleibt die Rendite nun mal auf der Strecke“, tönt es aus der Leitung. Peng. Stunden später nackeln ein paar Modellrechnungen durch das Fax. Aber welchen Zahlen soll man trauen?

„Blödsinn“, sagt der Kollege von Finanztest, „natürlich lohnt sich Riester. Glaub bloß nicht, was dir die Banken erzählen. Die lassen in ihren Berechnungen nämlich immer die Steuererleichterungen weg. Und überleg doch mal, wie viel Förderung du allein mit zwei Kindern kriegst: schon im ersten Jahr 130 Euro für dich und den Nachwuchs. Das ist bares Geld.“

Bares Geld. Hm. Die Sache mit dem „baren Geld“ , das ich verschenke, hat mir auch mein Versicherungsvertreter schon ans Herz gelegt. Alleinstehende allerdings verzichten in diesem Jahr nur auf 38 Euro Zuschuss, wenn sie nicht abschließen. Als ich die Summe laut im Kollegenkreis erwähne, senken alle wieder beruhigt den Kopf. Natürlich hat fast keiner abgeschlossen. Und bei 38 Euro, ach ja. Es gibt Wichtigeres.

„Ob sich Riester lohnt, kommt doch immer auf den Einzelfall an“, erläutert schließlich der Mann vom Bund der Versicherten. „Für Alleinstehende rechnet sich Riester nur bis 10.000 Euro Jahreseinkommen. Darüber steht man sich mit Eichel besser. Das wissen nur viele halt nicht.“

Die Eichel-Förderung! Ein neuer Begriff, der den wissbegierigen Bekannten knapp erklärt werden will. Die Eichel-Förderung ist nämlich sozusagen die Alternative zu einem Riester-Vertrag, nämlich die Brutto-Entgeltumwandlung durch den Arbeitgeber, bei dem steuer- und abgabenfrei beispielsweise in eine Direktversicherung … Auch das Wort „Direktversicherung“ verlangt nach Erläuterungen, das wird schnell klar. Es lässt sich nicht bestreiten: Die neue Altersvorsorge ist Volksbildung.

Also Eichel oder Riester? „Wenn du keine Kinder hast und weniger verdienst als 50.000 Euro, lohnt sich die Betriebliche über Eichel schon eher als Riester“, erläutert der Kollege von Finanztest geduldig beim zweiten Anruf. „Allerdings solltest du vorher wissen, ob du lange in der Firma bleiben willst.“ Oder ob es die Firma noch lange gibt. „Sonst stehst du nämlich plötzlich da mit deinem Eichel-Ding und musst die Beiträge aus deinem Netto bezahlen.“ Aha. Wie schön, dass man mal wieder Gelegenheit bekommt, sich des Unterschiedes zwischen Brutto und Netto zu gewärtigen.

Immer neue Feinheiten tun sich auf. „Bei den Riester-Produkten kannst du auch einen Partner mit hineinnehmen, der gar nicht erwerbstätig ist, das ist ein Vorteil gegenüber Eichel“, fährt der Finanztest-Kollege fort. Ah ja.

Der Sozialredakteurin fällt noch eine Frage ein: „Was hast du eigentlich abgeschlossen?“ – „Nichts“, antwortet der Kollege, „ich hab zu viel Schulden.“

Wer nämlich Schulden und Kredite zu laufen hat, für den lohnt sich die private Altersvorsorge nicht, ganz einfach. Alles Geld, was man für Riester-Produkte oder Eichel-Förderung abzweigt, sollte man besser zur Tilgung der Schulden einsetzen. „Sonst zahlst du doch auf deine Beiträge indirekt Zinsen“, meint der Finanztest-Kollege. Stimmt.

„Wenn du keine Schulden hast, dann ist gar nichts machen aber immer schlechter als Riester“, resümiert der Mann vom Bund der Versicherten, „schreiben Sie einfach: das Nichtmitnehmen einer Förderung lohnt sich nie.“ Stimmt. Eigentlich logisch. Man muss nur drauf kommen.