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Gremiengeflüster

CDU und Stadt-SPD stellen heute ihre Listen für die Bürgerschaftswahl auf. Perschau und Scherf sind sakrosankt, um die weiteren Plätze wird gerangelt

Der CDU-Fraktionschef gibt sich geheimniskrämerisch: „Sie wissen schon, dass das bei uns hinter verschlossenen Türen entschieden wird“, sagte Jens Eckhoff, angesprochen auf die Listenaufstellung der Christdemokraten für die Bürgerschaftswahl im Mai 2003. Noch nicht einmal den Tagungsort wollte er auf Nachfrage mitteilen – dem Vernehmen nach ist es das Marriot Hotel am Hillmannplatz.

Nachdem die CDU-Stadtbezirksverbände in den letzten Wochen ihre Personalvorschläge ausbaldowert haben, stimmen dort heute neunzig Wahlfrauen und -männer auf einer Delegiertenversammlung die Liste endgültig ab. Die letzten, entscheidenden Strippen dürften aber bereits gestern Abend gezogen worden sein, als der CDU-Landesvorstand zusammentrat. Wie schon vor vier Jahren wird Hartmut Perschau die Liste wohl anführen – wer sonst als der Finanzsenator sollte als Spitzenkandidat in den Wahlkampf ziehen? Auch die Senatoren Josef Hattig (Wirtschaft) und Kuno Böse (Inneres) werden auf den vorderen Plätzen erscheinen. Fraktionschef Jens Eckhoff wird wahrscheinlich mit einem besseren Listenplatz belohnt als 1999: Nach parteiinternen Ränkespielen war Eckhoff mit Platz 17 abgestraft worden.

Zahlreiche ehemalige CDU-Würdenträger verlassen die Bürgerschaft freiwillig: Der frühere Innensenator Bernt Schulte und Ex-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer haben ihren Rückzug erklärt, die politische Zukunft von Schultes Amtsvorgänger Ralf Borttscheller ist unsicher.

Um die aussichtsreichen Listenplätze für einen Platz in einer verkleinerten Bürgerschaft kabbeln sich bei der CDU dieses Mal besonders viele Frauen: Jungjuristin Catrin Hannken, die der Bürgerschaft bisher als Bremerhavener Mitglied angehörte und erst vor kurzem nach Schwachhausen gezogen ist, könnte einen vorderen Rang einnehmen. Allein aus diesem Stadtbezirksverband treten sich allerdings bereits die Abgeordneten Silke Striezel, Karola Jamnig-Stellmach und Almut Haker gegenseitig auf die Füße.

Das ausgeprägte Proporzdenken und Eifersüchteleien zwischen den Ortsvereinen könnten auch der SPD Probleme bereiten.

Das gilt natürlich nicht für Platz 1 der Kandidatenliste, wo selbstredend Henning Scherf thront. Wenn die Mandatskommission des Unterbezirks Bremen-Stadt heute zu ihrer „Klausurtagung“ zusammentritt, stellt sie eine Liste zusammen, die die Genossen auf einem gesonderten Parteitag zwar offizell abstimmen, aber in den meisten Positionen wohl schlicht abnicken werden. Neu in die Bürgerschaft schicken wird die SPD wohl die beiden Senatoren Willi Lemke (Bildung) und Karin Röpke (Soziales). Röpke, Joachim Schuster und Parlamentspräsident Christian Weber kommen jedoch alle aus Hastedt – auch hier könnte es also zu einem Gedränge kommen. Heiße Kandidaten für obere Listenplätze sind weiter Bausenatorin Christine Wischer und der Unterbezirksvorsitzende Stadt, Wolfgang Grotheer, den es mit Macht in die Bürgerschaft zieht. Ausscheiden werden als Parlamentarier unter anderem die ehemalige Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte und der rechtspolitische Sprecher Horst Isola, dem Rechtsanwalt Björn Tschöpe nachfolgen könnte. jox

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