Vorwürfe im Likud

Bei der Aufstellung der Kandidaten für die Parlamentswahlen soll es in Israels Regierungspartei zu Korruption und Bestechung gekommen sein

JERUSALEM taz ■ Geld, hochrangige Regierungsstellen, Begnadigungen für Gefängnisinsassen – all das sind Forderungen von Mitgliedern des Likud-Zentralrats für ihre Stimme bei den Kandidatenwahlen für das kommende Parlament. Von wem die Forderungen gestellt wurden und welcher der künftigen Abgeordneten den Bestechungsversuchen nachgegeben hat, soll eine polizeiliche Untersuchung klären, die Oberstaatsanwalt Eliakim Rubinstein gestern in die Wege leitete.

Öffentlich wurde der Skandal durch die Abgeordnete Nechama Ronen, der es selbst nicht gelang, auf einen realistischen Listenplatz zu kommen. „Zwischen 1.000 und 1.500 Schekel“ (200 bis 300 Euro) hätten Zentralratsmitglieder im Gegenzug für ihre Stimme verlangt. Dabei handelte es sich noch um „einen Sonderpreis“, so zitiert die Politikerin ihre korrupten Parteifreunde.

Ronen ist nicht die einzige Kandidatin, die über Bestechungsversuche spricht. Ein Minister, der nicht genannt werden wollte, erklärte gegenüber der liberalen Tageszeitung Ha’aretz, dass „Bestechungs- und Erpressungsversuche niemals schlimmer waren“. In den Skandal seien auch Kabinettsmitglieder verwickelt. Sollte die ganze Wahrheit noch vor den Wahlen Ende Januar an die Öffentlichkeit kommen, bestehe sogar die Gefahr, den jetzigen Vorsprung vor der Arbeitspartei komplett einzubüßen. Während die Arbeitspartei laut jüngsten Umfragen bei gut 20 Mandaten liegt, hofft der Likud auf bis zu 40 Mandate.

Die Forderung nach schneller Aufklärung kommt auch aus den Reihen der Partei selbst. Pnina Rosenblum, ehemals Fotomodell und Chefin der gescheiterten Frauenpartei, schaffte es „nur“ auf Platz 39, „weil ich so aufrichtig war“. Wenn die Betrüger ihre Plätze erst einmal werden räumen müssen, werde sie auf einen besseren Platz rücken, hofft sie.

Rosenblum meint vor allem die Nummer 29 auf der Liste, Inbal Gabrieli, Ende zwanzig und Kellnerin. Die künftige Abgeordnete ist selbst für alte Likud-Hasen ein unbeschriebenes Blatt. Dass sie dennoch die für den Einzug ins Parlament notwendigen 400 Stimmen erlangen konnte, liegt an dem Einfluss der Familie, die in Israel Restaurants und Nachtclubs unterhält.

SUSANNE KNAUL