Zuchtmittel als Zauberformel

Justizsenator Roger Kusch legt neues Konzept zum Umgang mit jugendlichen Straftätern vor. Der Jugendarrest erfährt eine Renaissance. Wohngruppen werden abgeschafft, dafür richterliche Unterbringungen im Halbknast eingeführt

von KAI VON APPEN

Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU) beteuert, nur eines im Sinn zu haben. „Die Bevölkerung vor kriminellen Jugendlichen zu schützen und jugendliche Straftäter vor sich selbst.“ Und deshalb ist er nicht nur Anhänger geschlossener Gefängnisse und -arreste, sondern auch vehementer Gegner unbewachter pädagogischer Einrichtungen. Gestern stellte Kusch im Jugendknast Hahnöfersand sein neues Konzept für jugendliche Straftäter vor. Dabei kontert er die Forderung von Jugendrichtern, mildere Sanktionsmöglichkeiten für Jugendliche auszubauen, nicht ungeschickt aus: „Der Ansatz ist schon falsch, eine geschlossene Einrichtung durch eine halb geschlossene Einrichtung zu ersetzen.“

Nach dem neuen Kusch-Vorgaben wird es in Hamburg künftig drei Stränge geben. Den Jugendknast für 233 Straf- und Untersuchunghäftlinge zwischen 14 und 21 Jahren, den restriktiven Jugendarrest (21 Plätze) sowie „die Jugendgerichtliche Unterbringung“ (JGU) als Ersatz für U-Haft. In diesem Haus – „ohne Mauer und Zaun“, aber mit „technischen Vorkehrungen gegen nächtliches Entweichen“ – sind gerade mal acht Plätze vorgesehen. Es ist als Alternative für die „Intensiv Betreuten Wohngruppen“ gedacht. „Das Konzept sieht eine Rund-um-die Uhr-Betreuung vor“, so Kusch.

Eine Renaissance erfährt nach den Kusch-Plänen das „Zuchtmittel“ Jugendarrest mit 23 Plätzen. Während unter dem alten Senat der in der Regel einwöchige Arrest nur noch sehr selten zur Anwendung gekommen und bei nicht erfolgtem Antritt auch kaum geahndet worden ist, wird jetzt Schluss mit lustig sein. Bei Fernbleiben wird die polizeiliche Einweisung verfügt. „Das neue Konzept verdeutlicht den Sanktionscharakter, den jugendlichen Tätern soll durch intensive Einwirkung das Unrecht vor Augen geführt werden.“

Die Kritik, durch die Hintertür eine Verschärfung des Jugendstrafrechts durchzusetzen, lässt Kusch abprallen. „Die Jugendrichter müssen sich der Einrichtungen bedienen, die der Staat zur Verfügung stellt.“

Dabei gibt er den Schwarzen Peter gern an die Richter. „Wenn die Jugendrichter bei sorgfältiger Abwägung zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und der Wiederholungsgefahr die richtigen Tatverdächtigen in die Jugendgerichtliche Unterbringung einweisen, dann können diese acht JGU-Plätze ausreichend sein.“ Zudem hätten sie ja immer noch die richterliche Freiheit, überhaupt keine Haft zu verhängen.