: Strieder sucht den Anschluss
Expertenvotum zur Förderung des Wohnungsbaus heftig kritisiert. Finanzsenator beharrt auf radikalerem Einschnitt. Strieder will nachgeben, aber nur ein bisschen
Eene meene muh – und raus bist du! So könnte man das Votum der Expertenkommission zur Zukunft des Sozialen Wohnungsbaus benennen. Ausstieg aus der Anschlussförderung für teure Sozialwohnungen – ja. Aber eben nur ein bisschen. Von den 3,3 Milliarden Euro, die das Land Berlin den Investoren von 25.000 Sozialwohnungen aus den Jahren 1987 bis 1997 ohne Ausstieg nachschießen müsste, soll nun eine Milliarde eingespart werden. Der Rest soll in Einzelfällen vor Konkurs bedrohten Wohnungsunternehmen oder in Härtefällen Mietern zugute kommen.
Doch die Kritiker stehen Schlange. Die SPD-Linken Hans-Georg Lorenz und Gerlinde Schermer lehnen den Vorschlag der Kommission als Etikettenschwindel ab. Ihrer Ansicht nach führt er die jetzige Förderpraxis in anderer Form fort. Und die Initiative gegen den Bankenskandal bezeichnet den vom Expertengremium empfohlenen „Einstieg in den Ausstieg“ als „Ausstiegslüge“. Zweifel hat auch der Berliner Mieterverein. „Es ist richtig, dass nun nicht mehr Eigentümer mit überhöhten so genannten Kostenmieten“ gefördert werden, erklärte Vereins-Geschäftsführer Hartmann Vetter. Es müsse aber sichergestellt werden, dass die betroffenen Mieter in Härtefällen auf Hilfe setzen können. Beides ist aber bislang noch nicht richtig voneinander getrennt. So sprach sich Bausenator Peter Strieder (SPD) auch für eine Weiterförderung Not leidender Wohnungsunternehmen aus, wenn diese von Konkurs bedroht sind. Das wäre noch immer das Gegenteil der von Vetter geförderten Mieterförderung.
Dieser Konflikt war gestern auch Thema im Senat, doch er wurde auf Ende Januar vertagt. Dann soll der bisher nur in Eckpunkten bekannte Expertenbericht komplett vorliegen. Zwar kündigte Strieder, der sich lange gegen eine Abschaffung der teuren Förderung ausgesprochen hatte, etwas Kompromissbereitschaft an: „Klar ist, dass das, was die Expertenkommission empfohlen hat, das Minimum ist, was der Senat beschließen wird.“ Er hatte sich zuvor skeptisch geäußert, ob ein Ausstieg rechtlich und sozial verträglich machbar ist. Aber Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) beharrte in der gestrigen Senatssitzung, wie die Kritiker des Expertenvorschlags, auf einem radikaleren Schritt. Strieder sucht nun offenbar den Anschluss an seinen Finanzsenator, will aber auch den Anschluss an die Baulobby nicht verlieren.
WERA/STA
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