„Wie soll das gehen?“

Menschenrechtler Chebeya misstraut einer Regierung, deren Mitglieder sich zuerst um ihren Machterhalt sorgen

taz: Was meinen Sie als führender kongolesischer Menschenrechtler zu dem Abkommen von Pretoria?Floribert Chebeya: Ich begrüße es, aber die Lösung der Probleme des Kongo besteht nicht darin, einen Text zu schreiben. Es geht darum, den Kriegszustand zu beenden. Und da sind die Leute sehr skeptisch gegenüber der neuen Regierung. Sie fürchten, die bringt den Krieg nach Kinshasa, denn sie wird alle Konflikte des Landes in die Staatsspitze tragen. Viele Parteien haben unter Vorbehalt unterschrieben. Außerdem gibt es Vorbehalte gegenüber den MLC-Rebellen mit ihrer libyschen Aufrüstung.

Überhaupt: Wie soll das funktionieren – 4 Vizepräsidenten, 36 Minister, 500 Abgeordnete? Es ist Demagogie, zu behaupten, das sei ein Wundermittel für den Kongo.

Aber die Zivilgesellschaft des Kongo war doch an den Verhandlungen beteiligt.

Ja, aber sie ist sehr zeryplittert. Die Delegierten der Zivilgesellschaft haben anfangs ihre Basis vertreten, aber später handelten sie nur noch wie die Politiker und kümmerten sich um die Verteilung der Macht, nicht mehr um die Probleme der Bevölkerung.

Was muss nun also passieren?

Wir müssen aufpassen, dass die Unterzeichner zumindest das Abkommen respektieren. Wir stecken in der Klemme: Wenn wir sagen, man müsste etwas anderes entwickeln, stellen wir das Abkommen in Frage und alle Welt ist gegen uns. Wir können nur im Sinne der Umsetzung des Abkommens handeln, wie es auch die internationale Gemeinschaft will. Wir fordern, dass die neue politische Struktur von einem neuen Umgang mit Menschenrechten begleitet wird. Das Abkommen führt dazu, dass uns Leute regieren werden, die für den Tod von drei Millionen Menschen in vier Jahren Krieg verantwortlich sind. Den Menschen geht es nicht um eine Aufteilung der Macht zwischen diesen Politikern, sondern darum, dass die Gewalt aufhört, dass Armut und Korruption bekämpft werden, dass es Gerechtigkeit für alle gibt.INTERVIEW: D. J.

Floribert Chebeya leitet in Kongos Hauptstadt Kinshasa die Menschenrechtsgruppe „Voix des Sans-Voix“